IT-Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen gegen WIPO Broadcasting Treaty

Eine Koalition aus IT-Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen fordert von den USA eine klare Ablehnung des kürzlich vorgelegten Entwurfs des Abkommens, das den Schutz von Rundfunkübertragungen gegen Signalpiraterie verbessern soll.

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  • Monika Ermert

Eine Koalition aus IT-Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen, die sich gegen das bei der World Intellectual Property Organisation (WIPO) vorbereitete Abkommen Broadcasting Treaty zusammengeschlossen hat, fordert von den USA eine klare Ablehnung des kürzlich vorgelegten neuen Vertragstexts. Bei einer Anhörung des US Copyright Office und des US Patent and Trademark Office hat sich die Koalition nachdrücklich für die Beschränkung des Broadcasting Treaty auf den Kampf gegen "Signalpiraterie" eingesetzet. Ihr gehören unter anderem AT&T, Dell, Google, HP, Intel, Verizon, die Electronic Frontier Foundation (EFF), IPJustice und US-Bibliotheksverbände an. Das Abkommen soll den Schutz von Rundfunkübertragungen gegen Signalpiraterie verbessern und wird seit mehreren Jahren diskutiert.

"Wir sind nach wie vor überzeugt, dass eine Herangehensweise, die bei Signalpiraterie die Verletzung von geistigen Eigentumsrechten ins Zentrum rückt, hoch problematisch ist", schreiben die Koalitionäre. Vielmehr solle man ein "Diebstahl-Modell" verfolgen, also bestimmte Aktivitäten durch identifizierbare Akteure verbieten.

Das nicht autorisierte Anzapfen und Weiterverbreiten von Rundfunksignalen ist zwar der erklärte Regelungsgegenstand. "Der neue Entwurf verfolgt aber einen urheberrechtsähnlichen und eben keinen auf dem Signal basierenden Ansatz", sagte Gwen Hinze von der EFF gegenüber heise online. Sie warnt davor, dass der Entwurf klar Übertragungen im Internet mit einbeziehe. Er verringere lediglich die Zahl der neu zu schaffenden exklusiven Rechte an "Geistigem Eigentum", erläutert die Koalition in ihrer Stellungnahme.

Verbraucher hätten möglicherweise zu befürchten, dass etwa die Nutzung der SlingBox, die den Abruf des Fernsehprogramms daheim überall in der Welt möglich macht, nicht mehr rechtmäßig wäre. "Eine ganze Reihe von Dingen, die derzeit noch durch nationale Urheberrechtsgesetze gedeckt sind, könnten unmöglich werden", warnt Hinze. Der Entwurf widerspreche daher geltendem US-Gesetz. Die Koalition warnt in ihrer Stellungnahme davor, dass die im neuen Entwurf vorgesehene Regelung, die das Zugänglichmachen von Geräten, die der Entschlüsselung von Programmen dienen könnte, sogar Regulierungsmaßnahmen beim Verkauf normaler Computer bedeuten könne.

Internet Service Provider befürchten laut Hinze weiterhin, dass sie in die Haftung für unautorisierte Weiterverbreitungen von Rundfunksendungen zur Verantwortung gezogen werden. "Es wäre gefährlich anzunehmen, dass das Fehlen einer Haftungsregelung im Text die ISP davor schützt", sagte Hinze.

Ob der umstrittene Vertrag noch eine Chance auf Anerkennung durch die WIPO-Mitgliedsstaaten hat, hängt auch von der Haltung der US-Delegation ab. Auch auf deren Ablehnung des Textes dürften die Koalitionäre daher unter anderem setzen. Weitere kritische Stellungnahmen sind unter anderem von Brasilien und Indien zu erwarten, so Hinze, da deren Vorschläge rundweg abgelehnt oder aber in die Präambel des neuen Entwurfs verbannt wurden. Im Juni müssen sich die Delegierten beim Treffen des Ständigen Ausschusses für Urheber- und Verwandte Rechte einigen, wenn sie am Ende des Jahres den Broadcasting Treaty in einer diplomatischen Konferenz verabschieden wollen.

Zum Broadcasting Treaty der WIPO siehe auch:

(Monika Ermert) / (anw)