Bosch entwickelt mit PSA Peugeot Citroën einen hydropneumatischen Hybridantrieb

Transfer-Leistung

Bosch und PSA Peugeot Citroën entwickeln gemeinsam einen hydropneumatischen Hybridantrieb für Pkw und begeben sich damit in Konkurrenz zu den elektrischen Hybrid-Systemen, die als Energiespeicher einen Akku benutzen

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  • Florian Pillau
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München, 25. Januar 2013 – Genügend gemeinsame Erfahrungen haben Bosch und PSA Peugeot Citroën durchaus, immerhin haben sie bereits drei Hybridfahrzeuge miteinander entwickelt. Doch nun wollen die beiden Entwicklungspartner das Graphit, die Lithium-Metalloxide und die Elektrolyte gegen Stickstoff, die Kabel gegen Hydraulikleitungen und die E-Maschine gegen eine Pumpe tauschen. Der von Bosch „hydraulisch“ genannte Antrieb nutzt statt eines chemischen Akkus einen Druckspeicher, in dem die Bremsenergie in Form hydraulisch komprimierten Gases gespeichert wird. Der leistungsverzweigte Hybridantrieb, Bosch nennt das „Powersplit-Konzept“, soll den Antrieb des Fahrzeugs konventionell mechanisch, rein hydraulisch oder mit einer Kombination beider Antriebsarten ermöglichen. Wie beim elektrischen Hybrid soll dadurch der Verbrennungsmotor bei niedriger Last in einem verbrauchsgünstigeren Betriebspunkt betrieben sowie rein hydropneumatisch angefahren und kurze Strecken sollen emissionsfrei zurückgelegt werden können. Daraus ergeben sich laut Bosch CO2-Sparpotenziale von durchschnittlich 30 Prozent im neuen europäischen Fahrzyklus (NEFZ) und bis zu 45 Prozent in einem rein städtischen Fahrzyklus.

Aus der Schublade

Die Blaupausen für diesen etwas anderen Hybridantrieb liegen schon in den Schubladen bei Bosch, denn bereits seit 2008 bewährt sich der hydraulische Hybridantrieb im Lieferverkehr, Bussen und in Baumaschinen so erfolgreich, dass er seit 2010 vermarktet wird. Mit dem „Hydrostatisch Regenerativen Bremssystem“ (HRB) hat Bosch Rexroth nach eigener Auskunft die „Vorteile von Hybridkonzepten mit der hohen Leistungsdichte hydraulischer Speicher für den wirtschaftlichen Einsatz in Nutzfahrzeugen“ verbinden können. Der Chef der Forschungsabteilung bei PSA Peugeot Citroën, Guillaume Faury, kündigt nun marktreife Kleinwagen mit einem ähnlichen Antrieb bis 2016 an. Bei PSA heißt die Technologie „Hybrid Air-System“, was wegen der Betonung auf „Air“ (Luft) genauso halbrichtig oder halbfalsch ist wie der Name bei Bosch-Rexroth, der den hydraulischen Zweig als Namensgeber benutzt. Natürlich könnte man Luft als Speichermedium benutzen, tatsächlich ist es reaktionsträger Stickstoff, der die Oxidation im System verlangsamt. Beim herunterskalieren der Technologie, die ursprünglich in Maschinen großer Industrieanlagen eingesetzt wurde, sieht Bosch folgende Vorteile: „Grundsätzlich lässt sich diese Technik mit allen konventionellen Antrieben kombinieren. Mit dem hydraulischmechanischen Antriebssystem kann ein kostengünstiger, robuster und servicefreundlicher Hybridantrieb realisiert werden, der keine spezielle Infrastruktur erfordert und weltweit einsetzbar ist“. Zunächst soll das Konzept im Kleinwagen-Segment eingesetzt werden, ist aber auch für weitere Pkw-Segmente sowie leichte Lieferfahrzeuge im städtischen Verkehr geeignet.

Physik statt Chemie

Ob elektrisch oder hydraulisch – der Aufbau eines Hybridsystems mit Antrieb, Steuerung der Leistungsaufteilung zwischen Antrieb und Verbrennungsmotor, Energiespeicher und deren Verbindung sind im Prinzip gleich. Unterschiedlich sind aber wichtige Komponenten wie Energiespeicher und Leistungsbereitstellung. Gewohnt ist man vom elektrischen Hybrid eine E-Maschine zur Umwandlung der Bewegungs- in elektrische Energie beim Bremsen und Ausrollen. Umgekehrt setzt sie den Strom beim Anfahren in Bewegung um. Gespeichert wird die Energie bekanntermaßen chemisch – in einem Akku.

Analog dazu erfolgt die Energieumwandlung bei einem hydraulischen Hybrid durch eine Pumpe, Bosch spricht von einer „Axialkolbeneinheit“. Das ist eine Bauform, die prinzipiell wie ein Taumelscheiben-Kolben-Verdichter einer handelsüblichen Auto-Klimaanlage aufgebaut ist, aber höhere Kräfte und Drücke verträgt. Im Prototypen von PSA ist die Pumpe mit dem Automatikgetriebe verbunden und setzt beim Ausrollen oder Bremsen mittels Hydraulikflüssigkeit Stickstoff in einem so genannten Hydraulikspeicher unter Druck. Das Bremsmoment dabei wird an den Fahr- und Speicherladezustand über das eingestellte Fördervolumen an der Pumpe angepasst.