Bei der Kältefestigkeit von Winterdiesel und Autos gibt es noch einiges zu verbessern

Winterdiesel: Kältetauglich auch in der Praxis?

Winterdiesel muss bis zu einer Temperatur von minus 20 Grad flüssig bleiben. Dass dies in der Praxis nicht immer gelingt, zeigt der Kraftstoff-Test des ADAC. Doch nicht nur der Kraftstoff ist entscheidend, sondern auch wie gut der Autohersteller vorgesorgt hat

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Von
  • Martin Franz

München, 29. Januar 2013 – Die leidvolle Erfahrung, dass Dieselmotoren bei extremer Kälte manchmal nicht mehr so wollen wie sie sollen, wiederholt sich für einige Fahrer von Selbstzündern jedes Jahr aufs Neue. Abhilfe soll eigentlich der frostfeste Winterdiesel schaffen, der bei den meisten Tankstellen ab Ende Oktober verkauft wird. So ganz auf der sicheren Seite ist man aber auch damit nicht, wie ein aktueller Test des ADAC zeigt.

Nicht allein der Kraftstoff zählt

In einem Test hat der ADAC gängigen Winterdiesel von Agip, Aral, Shell und Total untersucht. Eine Probe wurde in einem Labor untersucht, eine weitere in einer Kältekammer. Die Laborwerte lagen weit unter den gesetzlich geforderten -20 Grad. Spitzenreiter war der Dieselkraftstoff von Total, der im Labor bis -31 Grad Celsius funktionierte. In der Kältekammer blieben die Ergebnisse dann etwas hinter den Erwartungen zurück. Am schlechtesten waren hier Aral und Total, die nur bis -19 Grad funktionierten, Agip und Shell lagen drei Grad darunter.

Doch nicht allein der Kraftstoff entscheidet, ob es auch bei sehr kaltem Wetter weitergeht. Die Tester wählten für den Test in der Kältekammer einen Opel Insignia Diesel, der im vergangenen Winter vielfach mit kristallisiertem Diesel liegengeblieben war. Der ADAC vermutet, dass die Filterheizung im Opel zu schwach dimensioniert ist. Für diese These spricht ein weiterer Test mit einem VW Golf VI Diesel, bei dem der Kraftstoff von Shell bis -28 Grad Celsius anstandslos lief. Die Autohersteller verwenden die Heizungen in den Kraftstofffiltern heute eigentlich alle. Dabei reicht es im Normalfall aus, den Kraftstoff auf eine Temperatur von über -7 Grad zu erwärmen – dann funktioniert häufig sogar noch Sommerdiesel.

Dicker Diesel

Doch warum fließt der Dieselkraftstoff bei niedrigen Temperaturen überhaupt so schlecht? Hauptsächlich sind dafür Paraffine verantwortlich, die bei Plusgraden den Motorlauf verbessern. Unter null Grad bilden sie Kristalle, die, je weiter die Temperatur fällt, immer größer werden. Bis zum sogenannten Cloud Point (CP) sind die Kristalle nur so groß, dass sie den Filter noch ungehindert passieren können. Wird es noch kälter, ist irgendwann der Temperaturgrenzwert der Filtrierbarkeit erreicht, bei sich der Filter zusetzt. Dieser Punkt wird auch als Cold Filter Plugging Point (CFPP) bezeichnet. Beide liegen normalerweise recht nah beieinander. Durch den Zusatz von Additiven wird der „Verdickung“ des Kraftstoffs entgegengewirkt, die Differenz zwischen CP und CFPP wird größer.

Bei Winterdiesel, wie ihn alle Tankstellen in Deutschland spätestens ab November verkaufen, liegt der CFPP bei -20 Grad Celsius. In der DIN EN 590 wird dieser Wert gesetzlich vorgeschrieben. Die meisten Mineralölfirmen versprechen sogar -22 Grad. Am weitesten von den vier getesteten geht Shell, die für ihren teuren „V-Power Diesel“ einen CFPP von -30 Grad zusichern. Der ähnlich teure "MaxxMotion Premium Diesel" von OMV soll sogar bis zu -35 Grad Celsius funktionieren.

Nicht nachhelfen

Ist der Kraftstoff dennoch kristallisiert, hilft Wärme, beispielsweise in einer beheizten Garage. Dass man dem Auftau-Prozess nicht mit einem Gasbrenner oder ähnlichem nachhelfen sollte, versteht sich eigentlich von selbst. Auch das Dazumischen von Benzin ist keine gute Idee, weil damit die Zündwilligkeit selbst bei geringen Mengen stark abnimmt. Moderne Common-Rail- und Pumpe-Düse-Einspritzungen reagieren auf solche Versuche empfindlich. (mfz)