Dienstleistungsgewerkschaft stellt in Telekom-Spitzelaffäre Strafanzeige

Der Telekom-Aufsichtsrat und ver.di-Bundesvorstand Lothar Schröder hat bislang keine Hinweise, dass Kunden wegen der Bespitzelungsaffäre von der Telekom zu anderen Anbietern wechseln.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die Deutsche Telekom kommt in den diversen Ausprägungen von Bespitzelungsaffären immer weiter unter Druck. Nicht nur gibt es laut Wirtschaftswoche Hinweise, dass der Konzern auch Gesprächsinhalte überwacht hat – bislang hieß es, Telefonanschlüsse seien zur Abwehr von Hackerangriffen kontrolliert und Verbindungsdaten von Managern und Journalisten zur Aufdeckung von Informationslecks analysiert worden. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di will nun auch Überlegungen in die Tat umsetzen, die sie bereits bei Bekanntwerden der ursprünglichen Bespitzelungsaffäre um die Verbindungsdaten von Journalisten und Aufsichtsräten angestellt hat: In den nächsten zwei Wochen wird ver.di bei der Staatsanwaltschaft Bonn Strafanzeige gegen die Deutsche Telekom erstatten, erklärte ver.di-Bundesvorstandsmitglied und Telekom-Vizeaufsichtsratschef Lothar Schröder gegenüber der Zeitung Euro am Sonntag.

Es gehe um Verstöße gegen das Fernmeldegeheimnis und das Datenschutzrecht, sagte Schröder. Die Gewerkschaft lässt sich in dem Verfahren gegen die Telekom von der früheren Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) und von Ex-Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) vertreten. Schröder zeigte sich aber zuversichtlich, dass zumindest die Kunden das Vertrauen in die Telekom nicht verlören: Er habe bislang keine Hinweise darauf, dass es aufgrund der Bespitzelungsaffäre zu Kundenverlusten gekommen sei. Anfang Juni hatte eine Umfrage noch ergeben, dass rund ein Drittel der Telekom-Kunden wegen der Abhöraffäre einen Wechsel ihres Telekommunikationsanbieters erwägt.

In der ursprünglichen Spitzelaffäre ermittelt die Staatsanwaltschaft unter anderem gegen den früheren Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke und den Ex-Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Zumwinkel. Während deren Amtszeit hatte die Telekom unter anderem Verbindungsdaten von Journalisten und Aufsichtsräten überprüfen lassen, um undichte Stellen im Unternehmen aufzuspüren, über die Interna an die Presse weitergegeben wurden. Die Bespitzelung soll 2005 und teilweise 2006 stattgefunden haben.

Die Telekom hatte Mitte Mai Strafanzeige erstattet. Wenig später brachte ein Bericht des Spiegel die Schnüffelaktivitäten ans Licht. Telekom-Chef René Obermann, der ebenso wenig wie die übrigen Vorstandsmitglieder im Fadenkreuz der Ermittler steht, hatte mehrfach eine schnelle und umfassende Aufklärung der Affäre versprochen und beteuert, dass die Kundendaten sicher seien. Mittlerweile sind darüber hinaus neue Vorwürfe aufgetaucht: Der Bonner Konzern soll im Dezember 1996 Telefonate von Kunden aufgezeichnet und damit das Fernmeldegeheimnis verletzt haben. Diese Abhörmaßnahme soll im Rahmen einer Untersuchung von mutmaßlichen Hackerangriffen auf Telekom-Systeme angeordnet worden sein. Dabei sollen nicht, wie die Telekom erklärte, lediglich die Datenströme technisch analysiert worden sein, um Hinweise auf Hackerangriffe und zugehörige Codes zu finden, sondern auch Gesprächsinhalte aufgezeichnet worden sein.

Zur Telekom-Affäre siehe auch:

(jk)