Nokia ist beim "Wachstum für Bochum" mit 33 Millionen Euro dabei

In Bochum ist am Montag ein mit insgesamt 53 Millionen Euro ausgestattetes Wirtschaftsförder- und Investitionsprogramm unterzeichnet worden. Mit am Tisch Nokia, das den Standort Bochum aufgegeben hatte und deshalb zum Buhmann des ganzen Landes avancierte.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Als vor gut einem Jahr bei Nokia in Bochum die Lichter ausgehen, steht auch der finnische Handy-Weltmarktführer plötzlich im Dusteren: Negativ-Schlagzeilen über den rüpelhaften Umgang mit den von der Werksschließung völlig überraschten Mitarbeitern, Forderungen nach Subventionsrückzahlungen und Umsatzeinbrüche auf dem deutschen Markt sind die Quittung. Unter großem öffentlichen und politischen Druck versprechen die Finnen schließlich, sich an einem Millionen-Förderpaket für Bochum zu beteiligen. Ein Jahr danach soll es jetzt Wirklichkeit werden.

Am Montag unterzeichneten Nokia, die nordrhein-westfälische Landesregierung und die Stadt Bochum einen Vertrag "Wachstum für Bochum". Das Programm sei mit 53 Millionen Euro ausgestattet, berichtete NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) in Düsseldorf. Damit sollen vor allem in den Bereichen Technologie, Maschinenbau, Gesundheit, Jugend und Bildung etwa 30 Projekte gefördert werden.

Von der Schließung des Handy-Werks waren bei Nokia und Zulieferern in Bochum rund 4000 Arbeitsplätze betroffen. Mit dem Förderprogramm könnten in den nächsten zehn Jahren knapp 3000 neue Jobs entstehen, schätzt Thoben. Von den 2300 ehemaligen Bochumer Nokianern hätten inzwischen über 1000 in andere Stellen vermittelt werden können, berichtete Bochums Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz (SPD). 1300 seien noch in Transfergesellschaften. Teile der Nokia-Produktion sind in Bochum geblieben und geben derzeit noch etwa 250 Beschäftigten im Bereich Autotelefone Arbeit.

Wie hoch der Preis für den Image-Verlust in Deutschland konkret gewesen ist, wollte Nokia nie sagen. Auch am Montag hält Nokia-Manager Kristian Pullola sich bedeckt. Umsatz-Einbußen und einen "Einfluss auf die Marke" habe man in der Tat registrieren müssen, räumte er ein. "Es ist aber unmöglich, das in Zahlen auszudrücken." Schließlich seien die vergangenen Monate für die ganze Branche schwierig gewesen. "Wir sind jetzt aber wieder auf dem Stand von früher", gibt der stellvertretende Finanz-Vorstand auf Nachfrage an.

Nokia wird der Deal "Wachstum für Bochum" insgesamt rund 33 Millionen Euro kosten. 20 Millionen davon sind Subventionsrückzahlungen, das restliche Geld stammt aus dem Verkauf des früheren Nokia-Geländes in Bochum. Das hatte die Essener Unternehmensgruppe Thelen Ende 2008 erworben, um dort einen Gewerbepark zu errichten.

20 Millionen des gesamten Förder-Pakets zahlt der Steuerzahler. Das hat Wirtschaftsministerin Thoben eher zähneknirschend hingenommen. "Man verhandelt, wenn man sich nicht einem mehrjährigen Prozess aussetzen will, zeitnah einen Kompromiss", stellte sie nüchtern fest. Für Bochums Oberbürgermeisterin ist es dennoch "ein schöner Tag". Zusammen mit den Eigenanteilen der Investoren hofft sie, insgesamt rund 74 Millionen Euro für ihre wirtschaftlich gebeutelte Revierstadt bewegen zu können.

Tillmann Neinhaus, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Bochum, schwärmt bereits von Bochum als neuem "Pumpenzentrum innerhalb Deutschlands". Hier starte im Bereich Antriebsmaschinen ein vielversprechendes Projekt. Das Förderprogramm weiche keineswegs auf Nischen in "weichen Branchen" aus, betonte er. Hauptsächlich werde Bochums Maschinenbaukompetenz gestärkt.

Andere Vorhaben sollen die Planungen für den Bochumer Gesundheitscampus ergänzen. So ist etwa ein "Kompetenzzentrum für patientenorientierte Arzneimittellogistik" geplant. Die bunte Palette sei nicht etwa zustande gekommen, weil es an Investoren im gewerblich-industriellen Sektor gefehlt hätte, widerspricht Thoben. Vielmehr habe sich das Projektteam für die vielversprechendste Bandbreite entscheiden. "Der Gemischtwarenladen ist basisdemokratisch entstanden." Pullola sieht damit "die Grundlagen für nachhaltiges Wachstum und langfristige Arbeitsplätze geschaffen". (Bettina Grönewald, dpa) / (pmz)