Hybridantrieb für die Lüfte

EADS und Siemens haben ein zweisitziges Flugzeug entwickelt, das mit Elektro- und Gasantrieb abhebt und den Weg zu einem Elektro-Luftverkehr öffnen könnte.

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  • Kevin Bullis

EADS und Siemens haben ein zweisitziges Flugzeug entwickelt, das mit Elektro- und Gasantrieb abhebt und den Weg zu einem Elektro-Luftverkehr öffnen könnte.

Wenn von Elektromobilität die Rede ist, sind damit üblicherweise Autos oder Zweiräder gemeint. Dass elektrische Antriebe in absehbarer Zukunft auch im Luftverkehr eine Rolle spielen könnten, galt bislang als sehr unwahrscheinlich. Der europäische Luftfahrtkonzern EADS und Siemens haben gemeinsam ein zweisitziges Flugzeug entwickelt, das nun zumindest das Konzept des Hybridantriebs in den Lüften etablieren soll. Die Maschine kann mit einer Tank- und Batteriefüllung zwei Passagiere und deren Gepäck 900 Kilometer weit transportieren. Das entspricht ungefähr der Strecke von Berlin nach Paris.

Ähnlich wie beim Chevrolet Volt ist der primäre Antrieb ein Elektromotor. Bei Bedarf wird von einem Erdgas-Motor unterstützt. Im Unterschied zu einigen privat entwickelten Hybrid-Flugzeugen ist die EADS-Siemens-Maschine deutlich leiser und verbraucht 25 Prozent weniger Treibstoff.

Mehrere Großunternehmen aus der Luftfahrt beschäftigen sich bereits mit Hybridantrieben. Auch wenn sie sich vorerst nur für kleinere Flugzeug-Modelle eignen, könnten sie eine neue Phase im Luftverkehr einläuten. „Hybrid-Flugzeuge werden mit Sicherheit noch in diesem Jahrzehnt auf den Markt kommen“, sagt Frank Anton, der bei Siemens die Entwicklung an dem neuen Antrieb leitet.

Viersitzige Maschinen seien bis 2020 wahrscheinlich, größere Flugzeuge mit bis zu 19 Personen an Bord im Bereich des Möglichen. Anton geht davon aus, dass am Ende der Entwicklung Hybrid-Jets mit 100 Passagieren kommen werden, die nur halb so viel Treibstoff wie gleich große Maschinen von heute verbrauchen.

Boeing arbeitet bereits an Konzepten für eine hybridangetriebene 737 mit 150 Passagieren. Vor 2030 wird sie aber wohl nicht abheben. EADS, der Mutterkonzern von Boeing-Konkurrent Airbus hat sogar einen Konzeptentwurf für ein Linienflugzeug entwickelt, das ausschließlich elektrisch angetrieben werden soll. Die Reichweite wäre allerdings ziemlich kurz.

„Vor ein paar Jahren galt die Idee eines Flugzeugs, das mit Batterien fliegt, noch als guter Witz“, weiß Marty Bradley, der bei Boeing Research and Technology federführend an neuen Flugzeugkonzepten forscht. Batterien und Elektromotoren haben den Vorteil, im Prinzip effizient und leise zu sein. Wegen ihres hohen Gewichts und ihrer begrenzten Ladekapazität können Batterien mit fossilen Treibstoffen als Energieträger jedoch noch nicht mithalten.

Zwei Trends sprechen jedoch dafür, dass dieser Nachteil sich verringern könnte. Zum einen verbessere sich die Energiekapazität von Akkus seit Jahren kontinuierlich, sagt Bradley, und diese Entwicklung werde sich fortsetzen. Zum anderen ließen sich Batterien und Elektromotoren einfacher in konventionelle Antriebe integrieren, weil sie immer kleiner, leichter und effizienter würden.

Als Siemens 2011 ein Vorläufer-Modell des jetzigen Hybrid-Flugzeugs präsentierte, war dies noch viel zu schwer, um eine ernsthafte Option zu sein. Im neuen Modell konnte Siemens das Gewicht von Elektromotor, Getriebe und Elektronik auf 100 Kilogramm drücken. Deshalb kann die Maschine nun zwei Personen transportieren.

Hybrid-Flugzeuge kommen mit relativ kleinen Gasmotoren aus, die besonders effizient bei hohen Geschwindigkeiten in der Luft laufen. Der Elektromotor hingegen liefert zusätzliche Leistung bei Start und Landung. Zudem können die Batterien während des Sinkflugs Energie sammeln, analog zu den Hybrid-Antrieben in Autos, deren Batterien sich beim Bremsen ein wenig aufladen. Mit weiteren Verbesserungen in der Batterietechnik könnten die Energiespeicher dann auch die Stromversorgung an Bord übernehmen.

Elektromotoren haben noch weitere Vorteile. Sie lassen sich an ungewöhnlichen Stellen im Flugzeug einbauen, was sich für eine aerodynamischere Form des Rumpfs nutzen lässt. Zudem können sie auch beweglich betrieben werden: Beim Start könnten sie leicht nach oben gerichtet sein, um den Start zu beschleunigen, oder mittels Rechts- und Linksschwenk das Ruder überflüssig machen. Setzt man solche Möglichkeiten konsequent um, könnte sich der Treibstoffverbrauch halbieren, sagt Bradley.

Welche Geschwindigkeiten mit elektrischen Antrieben möglich sind, hängt im Wesentlichen von den Batterien ab. EADS plant mit Akkus, die 1000 Wattstunden pro Kilogramm speichern können – fünf mal mehr als herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien. Lithium-Luft- und Lithium-Schwefel-Batterien könnten hierfür Kandidaten sein. Bradley geht aber davon aus, das bis 2050 kein komplett elektrisch angetriebenes Flugzeug mehr als 1600 Kilometer Reichsweite schaffen kann. In großen Jets könnten Elektromotoren dazu dienen, die Rotation des Schaufelblatts in großen Triebwerken zu unterstützen.

Die Zukunft gehört vorerst kleinen Hybrid-Maschinen. Sie könnten dazu beitragen, den Betrieb auf kleinen Flughäfen leiser zu machen, sagt Jean Koster, Luftfahrtingenieur an University of Colorado in Boulder. Er hat bereits ein Start-up gegründet, das kompaktere Getriebe für Hybridantriebe auf den Markt bringen will. Die könnten darüberhinaus der Umwelt zugute kommen. Kleinflugzeuge mit hoher Kompression im Triebwerk benötigen derzeit noch Blei als Treibstoffzusatz. Der würde wegfallen, wenn ein Elektromotor dem Gasantrieb das entscheidende Quentchen Schub gibt.

(nbo)