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Was war. Was wird. Angesichts lauer Sommernächte mit eines Sommerrätsels erstem Teil

Der Worte sind genug gewechselt, nun will ich Fragen hör'n! Ach was, Hal Faber rätselt herum. Aber nicht nur an dem Geisteszustand mancher USA-Besucher.

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Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Hal Faber

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich. Und dieses Mal bringt sie Teil 1 des alljährlichen Sommerrätsels.

.-- .- ... .-- .- .-.

*** "Ireaüasgvt vfg, qnff qvr cbyvgvfpura Fcvgmra, jraa fvr zvgrvanaqre fcerpura, qneüore fcerpura, jvr zvg qre Fnpur hzmhtrura vfg, jvr reafg Ibejüesr mh aruzra fvaq haq jvr zna qnzvg hztrug, Ibejüesr mh orfcerpura, mh xyäera, mh irevsvmvrera bqre nhf qre Jryg mh fpunssra. Ireaüasgvt vfg, qnff üore qvr gngfäpuyvpur Neg qrffra, jnf anpuevpugraqvrafgyvpu nhs qre rvara bqre naqrera Frvgr trgna jbeqra vfg, qvrwravtra fcerpura, qvr qvr vagrafvir Qrgnvyxraagavf qniba unora."

Yotta, Yotta, yada, yada unora. Was sagt der gesunde Menschenverstand zu diesem Prozess der Sachaufklärung durch rätselhaftes Geschwurbel? Genau, das Sommerrätsel hat begonnen, damit fängt die Lösung an. In drei Rätsel-Teilen über Software, Hardware und Bürgerware geht es um Spionage, Verschlüsselung und das große Drumrum, sind jeweils 10 hoffentlich knifflige Fragen durch die geneigten Leser zu entschlüsseln. Während der Anfang dieser Wochenschau dem Kenner der Materie ein müdes Lächeln entlockt und daher als Aufwärmübung gedacht ist, gibt der Inhalt echte Rätsel auf. US-Whistleblower Edward Snowden reist nach Russland ein, während unser Land mit seiner Regierung wie viele andere Länder den Mut nicht aufbrachte, ihm Asyl zu gewähren. OK, Oberschwaben ausgenommen, aber das gehört trotz anderslautender Geheiminformationen immer noch zu diesem unseren Lande. So gibt es seltsame Diskussionen darüber, was vernünftig ist und noch seltsamere Reduktionen, weil der Papa spioniert, denn: "Es ist ein bisschen wie in der Familie". Wie in modernen Familien, gibt es auch hier die Beruhigungspille: "Geeignete, leistungsfähige Verschlüsselungsprodukte deutscher Hersteller sind am Markt verfügbar, ihr Einsatz wird vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik empfohlen. Sie zu nutzen ist also der richtige Weg."

*** An dieser Stelle wäre die eigentlich erste Frage nach den Produkten fällig, die Jedermensch ohne große Computerkenntnisse einsetzen kann, doch halt, so schwierig sollte die Rätselei nicht beginnen. Verkneifen wir uns die Frage, was das BSI mit Kim Dotcom macht. Verkneifen wir uns auch die Frage nach den 25 Anschlägen in Europa, die verhindert werden können. Die bereits erwähnte Sauerland-Show mit lässiger Zünd-Begleitung durch die CIA lässt erahnen, was sich in der "Familie" abspielt. Klappe halten und auf den Vater hören! Dieses Transkript einer kleinen familientherapeutischen Abreibung verdient daher unsere ungeteilte Aufmerksamkeit: "Äh, aber die Amerikaner speichern, äh, Inhaltsdaten nur in ganz besonderen Fällen und nur, äh, in weniger Fällen. Aber natürlich die sogenannten Metadaten, also das, was wir unter Vorratsdatenspeicherung, äh, verstehen, wird auch bei den Amerikanern, äh, gespeichert. Darin sehen sie eigentlich auch kein Problem, nur der Zugriff auf diese Daten… Der Zugriff auf diese Daten ist das Entscheidende." Wie schrieb David Cooper einstmals über den Tod der Familie? "Jeder Verband, der sich als glückliche Familie ausgibt, ist Teil eines Systems, dessen gesellschaftliche Funktion es ist, Erfahrungen abzufiltern." Das könnte ganz metamäßig passen zu diesem unseren Noch-Innenminister. Wer liest, was in den USA tatsächlich passiert, wird kein Verständnis haben. We are family? Denkt ihr.

So ergibt sich wie von selbst Frage 1: Was sagt das Chiffrat dem gesunden Menschenverstand?
Worauf sich auch gleich Frage 2 anschließt: Familiengeschichten beginnen immer zu Hause. Trittenheim an der Mosel ist der Zugangsschlüssel zu...?

*** In den 1024 geplanten Giga-Mega-Mikra-Ausgaben dieser kleinen Wochenschau hat das alljährliche Sommerrätsel die Funktion, über die sommerliche Nachrichtenflaute hinwegzuhelfen. Diese Flaute ist in der IT-Sparte bekanntlich besonders groß. Wenn der klassische Journalismus sich mit dem Kaiman im Badesee zu helfen weiß, haben wir eine Leerstelle. "Heisig im Maschsee" zieht als Nachricht keine Leser vor die Schirme, da muss schon knackig von der Neuausrichtung von Microsoft die Rede sein, die keine Software-Company mehr sein will. Sondern viel lieber ein Unternehmen, das Synergieeffekte mit der NSA sucht, frei nach Tancredis Einsicht Lampedusas Gattopardo: "Wenn alles bleiben soll, wie es ist, muss sich alles ändern." Sonst heißt es Abschied nehmen. Da ist es schon besser, die gute Zusammenarbeit aus Echelon-Tagen fortzusetzen. Man kann noch weiter zurückgehen, etwa in die Zeit, als das Spintcom-Netz der NSA existierte. Nur landet man da bei IBM und Rembrandt.

Was uns zu Frage 3 führt: Short Term Memory Failure allerseits? Was will uns 2011125200 sagen?
Und Frage 4 folgt auf dem Fuß: "Ein feines Telekommunikationsnetzwerk spannte sich von Washington aus in alle Richtungen, um das Hirn mit fast 5000 Hauptcomputerstationen zu verbinden. Das war das Meisternetz." Was passiert in diesem Netz?

*** Dank der Snowden-Affäre herrscht also diesmal kein Themenmangel, die IT hat gewissermaßen ihr eigenes Baggerloch bekommen. Statt herumschwimmender Kaimane oder Pandabären in Zwangsjacken werden wunderliche Themen aufgenommen, bis hin zur Mystifizierung von Computern und Big Data. Auch die Erklärung von Innenminister Firedrich, dass Metadaten zur Vorratsdatenspeicherung gehören, passt bestens in die Reihe vorsätzlicher Verirrungen und Verblödungen. Widdewiddewitt, ich back mir meine Welt, wie es mir gefällt, scheint das aktuelle Regierungsprogramm zu sein. Eine Ausnahme dürfte der ahnungslose Übersetzer sein, der in der Talkshow von Maybritt Illner die Rede von Jacob Appelbaum übertrug. Er machte aus der Skandalfirma Gamma die GEMA, deren Geschäft auch irgendwie als Abhören beschrieben werden kann. Der eigentliche Skandal ist doch, dass bei aller Empörung über die amerikanischen Lauschaktivitäten untergeht, wie deutsche Firmen im Geschäft sind. Das betrifft nicht nur die bei der OECD eingereichten Fälle Gamma und Trovicor oder die Trojanerschmiede Digitask oder Elaman. Das betrifft noch andere Firmen: Bundeskanzlerin Merkel oder eben der Noch-Innenminister telefonieren mit Geräten, die die End-to-End-Verschlüsselung beherrschen, ihre Thin Clients werden wohl mit Sicherheits-Smartcards von Utimaco gestartet, wo man den Informationsverbund Berlin-Bonn betreut. Alles ziemlich komfortabel und so sicher, dass die NSA auf die bewährte Verwanzung zurückgreifen muss.

Das ergibt natürlich Frage 5: Welche kommerzielle Standardsoftware wurde als erste mit eingebauter Verschlüsselung ausgeliefert?
Gefolgt von Frage 6: Richtig "dick Schotter" machen mit Daten, wer warnte davor (und auch vor der NSA)?

*** Geht es aber um den Bürger, bleibt Microsofts Skype übrig, dann ist Verschlüsselung urplötzlich hochkompliziert, nur etwas für Nerds, da vollkommen unsexy und ach so schwer gefährlich, wenn einer nur den kleinsten Fehler macht. Diese perfide Verlogenheit in Sachen Technik zieht sich hin bis zu den Journalisten, die allen Ernstes behaupten, dass nur analoge Kommunikation halbwegs gesichert werden kann. Auch die edelmütigen Hacker tun wenig bis gar nichts, um diese Situation zu verändern, bringt es für sie doch Bewunderungspünktchen oder wahlweise lukrative Posten. Die enge Verbundenheit zwischen dem Chaos Computer Club und einem Hersteller wie GSMK Cryptophone wird beispielsweise nicht dazu beitragen, Werkzeuge für das Volk unter das Volk zu bringen, dazu ist der geheime Markt viel zu lukrativ. Nein, es ist keine Verschwörung gegen die Idiotes, es ist das simple Spiel von Angebot und Nachfrage, dem alle gehorchen. Das Menschenrecht auf einem weltweiten, unbehinderten, nicht kontrollierten Datenaustausch mit Menschen und anderen intelligenten Lebewesen ist eine hübsche Idee. Und Geschäft ist Geschäft.

Kommen wir also zu Frage 7: Auf der Tenne wurde einstmals Getreide gedroschen. Welcher Whistleblower warnte vor welchem Kryptosystem?
Und, passend kryptisch, Frage 8: OBKRUOXOGHULBSOLIFBBWFLRVQQPRNGKSSOTWTQSJQSSEKZZWAT
JKLUDIAWINFBNYPVTTMZFPKWGDKZXTJCDIGKUHUAUEKCAR?


 


Dieses Sommerrätsel musste aus lösungsfindungstechnischen Gründen leider bilderlos erscheinen. Das wird sich in der nächsten Folge ändern, in der Rätsel zur Hardware. Bilder wird es jetzt wohl mehr vom jungen Edward Snowden geben, auch wenn Russland und die USA verhandeln – die beide bedenklicherweise nichts mit den Tshwane-Prinzipien zu tun haben wollen. Dafür haben die Länder viele historische Erfahrungen, denn Snowdens Fall ist nicht einzigartig. Da offenbar der Journalist Glenn Greenwald mit der Veröffentlichung von Snowden-Material weitermachen will, ist das Sommerloch zugeschüttet. Zudem kreist in Wahlkampfzeiten ein lustiger Phantomvogel über dem großen deutschen Baggersee.

So sei denn Frage 9 gestellt: "Furthermore, we were disenchanted by the U.S. Government’s practice of intercepting and deciphering the secret communications of its own allies." Welche Überläufer haben diese außerordentlich verschnupfte britische Reaktion verursacht?
Und beschließen wir das ganze mit Frage 10: In einem britischen Krimi bildet sich ein russischer Emigrant ein, ein überlebender Sproß der letzten Zarenfamilie zu sein. Er wird spurenlos am Strand ermordet. Dabei spielt eine Verschlüsselungstechnik eine wichtige Rolle. Ihr Name ist der Schlüssel zu einem anderen Schlüsseltext, der in diese unsere heutige Zeit passt.
UB BG BH NU US RD MQ OK GP GI ON UB BV CN YX NU US RD MQ QX RB UG CO NM
KG SU UE BK NT UB GL GI HY ZP NU US RD MQ QX RB KG AP NU US RD MQ UB GL
GI VC FQ NU US RD MQ PU BZ RB UG GO KN YX NU US RD MQ
(Prag, 21. August 1968)

Die Auflösung von des Sommerrätsels erstem Teil erfolgt wie üblich am kommenden Montagabend.

[Update]
In Frage Nummer 9 hat sich ein Fehler eingeschlichen. Die zitierte Aussage stammt von einem US-amerikanischen Überläufer, wurde aber so von anderen Quellen, auch britischen übernommen. Auch dieser Whistleblower störte sich daran, dass die USA die Geheimkommunikation ihrer Verbündeten abhorcht und entschlüsselt. (jk)