Weg frei für die Vorbereitung der Volkszählung

Der Bundestag hat mit der so genannten Kanzlermehrheit den Einspruch des Bundesrates gegen das umstrittene Vorbereitungsgesetz für den 2011 geplanten registergestützten Zensus aus dem Weg geräumt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 109 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Der Bundestag hat mit der so genannten Kanzlermehrheit den Einspruch des Bundesrates gegen das umstrittene Vorbereitungsgesetz für den 2011 geplanten registergestützten Zensus aus dem Weg geräumt. Für die Zurückweisung der Blockade votierten am gestrigen Mittwoch 422 Abgeordnete der 613 Parlamentarier. 50 stimmten mit Nein, 106 enthielten sich. Da der Einspruch im Bundesrat einstimmig war, konnte das Parlament ihn nur mit der absoluten Mehrheit seiner Mitglieder aufheben. Damit hat das Vorhaben die letzte parlamentarische Hürde genommen.

Hauptstreitpunkt bei der ersten handfesten Auseinandersetzung zwischen Bundestag und Länderkammer in dieser Legislaturperiode waren die Kosten. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Länder letztlich knapp 80 Prozent der auf 560 Millionen Euro geschätzten Ausgaben für die Volkszählung tragen. Der Bundesrat pochte hier auf eine höhere Beteiligung des Bundes. Zudem schwebt ihm eine Ausweitung der Datenerhebung vor.

Die EU plant für 2011 eine gemeinschaftsweite Volks- und Wohnungszählung. In Deutschland will der Gesetzgeber den Zensus im Wesentlichen durch eine Auswertung von Melderegistern, Daten der Bundesanstalt für Arbeit sowie Dateien zum Personalbestand der öffentlichen Hand bewerkstelligen. Ergänzend ist geplant, auch Informationen bei Gebäude- und Wohnungseigentümern zu erheben. Stichproben sollen die Datenqualität sichern und bei etwa sieben Millionen Bürgern weitere Daten abfragen, darunter Erwerbstätigkeit und Bildungsgrad. Es sollen rund 17,5 Millionen Gebäude- und Wohneigentümer sowie zehn Prozent der Bevölkerung stichprobenartig befragt werden. Der Bundesrat setzte sich unter anderem dafür ein, dass die Meldebehörden bei Unstimmigkeiten bei den übermittelten Daten auch Einzelprüfungen vornehmen können. Bundesregierung und Bundestag haben verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Begehr.

Allein die Vorbereitung der Volkszählung wird auf 176 Millionen Euro Kosten geschätzt. Ein Gesetz zur genauen Durchführung und Details zum Inhalt des Zensus soll im kommenden Jahr verabschiedet werden. Über die entsprechenden Vorgaben von der EU zeichnet sich gerade ein Kampf zwischen EU-Kommission und EU-Parlament ab. So hat sich der Beschäftigungs- und Sozialausschuss des EU-Parlaments vergangene Woche für umfassende Änderungen am Vorschlag der Kommission für eine Verordnung zur Durchführung der Volks- und Wohnungszählung ausgesprochen. Die "freiwillige" Abfrage von Informationen etwa über das Familien- und Sexualleben, Computerkenntnisse oder die Lese- und Schreibkompetenz sollen demnach gestrichen werden. Zudem legen die Abgeordneten Wert darauf, dass die Anforderungen des europäischen und nationalen Datenschutzrechts vollständig zu erfüllen sind.

Deutschland hat sich nach dem Debakel um die letzte Volkszählung in der Bundesrepublik 1987 zunächst darauf festgelegt, möglichst wenig private Daten abzufragen. Auf der Wunschliste stehen demografische Daten, Angaben zu Haushalt, Wohnung, Bildungsstand und Beruf. Die vom EU-Rat empfohlene Erfassung der Einkommenshöhe fällt nicht darunter, heißt es beim Statistischen Bundesamt. Die Vorentscheidung hierzulande könnte sich aber durch die geplante EU-Verordnung als revisionsbedürftig herausstellen. Im Zweifelsfall könnten dann auch sensible Fragen verpflichtend werden.

Siehe dazu auch:

(Stefan Krempl) / (jk)