Nvidia will Intel Patent-Lizenzen entziehen

Gegenklage: So reagiert Nvidia auf die Klage von Intel, in der es um Lizenzen zur Fertigung von Chipsätzen geht.

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Nvidia schlägt zurück: Nachdem Intel im Februar eine Klage gegen Nvidia eingereicht hat, weil der Grafikchiphersteller angeblich Bedingungen eines Lizenzabkommens für Chipsätze (Chipset License Agreement, CLA) verletzt hat, das im November 2004 gleichzeitig mit einem Patentaustauschabkommen (Patent Cross License Agreement) zwischen den beiden Firmen geschlossen wurde, klagt Nvidia nun gegen Intel. Nvidia verlangt vom Gericht die Feststellung der eigenen Sichtweise, dass nämlich das CLA ausdrücklich auch für Chipsätze für Prozessoren der Nehalem-Generation gilt und auch für andere Intel-Prozessoren mit eingebautem Speicher-Controller. In der Gegenklage behauptet Nvidia auch, dass Intel Vertragsbruch begangen habe und verlangt, dass das Cross-Licensing Agreement deshalb nicht mehr gilt: Intel habe dann auch keine Rechte mehr, Nvidia-Patente zu nutzen.

Nvidia hat sowohl die Klage von Intel als auch die eigene Gegenklage veröffentlicht (jeweils PDF-Dateien), allerdings nicht im vollen Wortlaut: Zitate aus geheimen Passagen der beiden Verträge wurden entfernt. Deshalb fällt es schwer, den sachlichen Gehalt der Klagen zu beurteilen. Wie so oft wirkt die Auslegung der jeweiligen Vertragsbedingungen extrem spitzfindig. Eine interessante Information bestätigen die Klageschriften indes: Trotz der Cross-Licensing-Vereinbarung muss Nvidia an Intel für die separate CLA Lizenzgebühren zahlen.

Bereits im vergangenen Jahr hatte es immer wieder Gerüchte gegeben, dass Intel Nvidia keine Lizenz für QuickPath Interconnect (QPI) erteilen wolle. QPI wird allerdings in beiden Klageschriften nur am Rande erwähnt und dürfte auch nicht Kern des Streits sein: Nur die teuren Core-i7-Prozessoren und die neuen Xeons binden ihre jeweiligen Chipsätze per QPI an. Viele größere Stückzahlen sollen aber die möglicherweise unter dem Namen Core i5 in der zweiten Jahreshälfte kommenden Nehalem-Varianten Lynnfield und Clarkdale sowie deren Mobilversionen Clarkfield und Arrandale erreichen. Diese Prozessoren besitzen keine externen QPI-Anschlüsse, sondern enthalten außer einem Speichercontroller und teils – bei Clarkdale sowie Arrandale – Grafikprozessoren auch einen PCI Express Root Complex, binden also eine Southbridge und PCIe-Karten direkt an. Ähnlich wird das beim Atom-Nachfolger Pineview sein. Es ist schon technisch unklar, wie Nvidia an diese Prozessoren für den Massenmarkt einen Chipsatz – von Nvidia Media and Communications Processor (MCP) genannt – anbinden will; Intel selbst verwendet beim kommenden Ibex Peak, in dem im Wesentlichen noch Southbridge-Funktionen stecken, weiterhin das sogenannte Direct Media Interface (DMI), das sehr ähnlich wie eine PCIe-x4-Verbindung arbeitet.

Wie Nvidia insbesondere Chipsätze mit leistungsfähigem integriertem Grafikprozessor für Intel-Prozessoren mit eingebautem Speichercontroller, aber ohne QPI aufbauen will, ist noch offen. Marktbeobachter erwarten, dass die zurzeit noch in großen Stückzahlen verkauften Chipsätze mit eingebauter Grafik in den nächsten Jahren fast völlig vom Markt verschwinden, weil sowohl Intel als auch AMD für alle billigeren PC-Marktsegmente Kombi-Prozessoren aus CPU und GPU entwickeln.

Wenn die Einschätzung der Branchenkenner zutrifft, dann streiten sich Nvidia und Intel also darum, ob Nvidia einen MCP (ohne integrierte Grafik) verkaufen darf, der mit Intels Ibex Peak alias P55 (Serie 5) konkurriert. In diesem Fall geht es bei der Auseinandersetzung möglicherweise eigentlich um die Höhe der Lizenzgebühren, die Nvidia an Intel zahlen soll. (ciw)