Hat auch der Golf mit E-Motor das Zeug zu einem Massenmodell?

Der e-Golf unter der Lupe

Nach langem Zögern gibt es nun eine serienmäßigen Golf mit Elektroantrieb. Volkswagen bleibt seiner Linie treu und hält sich vorwiegend an bewährte Lösungen. Hat auch dieser Golf das Zeug zu einem Massenmodell? Wir haben ihn uns im Detail angesehen

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Der VW e-Golf geht an den Start. Immer mit dabei: LED-Scheinwerfer 11 Bilder
Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Christoph M. Schwarzer
Inhaltsverzeichnis

Berlin, 13. März 2014 – Haube auf! Ein Blick genügt: „Ah, Sie haben einen e-Golf mit Wärmepumpe als Testwagen“. Der Entwicklungsingenieur von Volkswagen macht damit den Spekulationen ein Ende: Was beim Nissan Leaf der zweiten Generation serienmäßig ist, wird beim batterieelektrischen Golf analog zum BMW i3 gegen Aufpreis angeboten. Wahrscheinlich ab Sommer. Noch ist, Stand heute, im Konfigurator nichts davon zu finden.

Das Ziel: Strom sparen. Der Ehrgeiz des Volkswagen-Teams, das mit kaum unterdrücktem Stolz zum Auftakt der so genannten „electrified“-Wochen detailliert Auskunft über die eigene Arbeit gab, war es, das effizienteste Fahrzeug seiner Klasse zu bauen. Die Wärmepumpe arbeitet nach dem gleichen Prinzip wie in einem Haus, also vereinfacht formuliert als umgekehrter Kühlschrank. Bei optimalen äußeren Bedingungen von 16 Grad und Sonnenschein hätten sowohl Heizung als auch Kühlung ohnehin wenig Arbeit gehabt. Die Ausfahrt durch Berlin ergab darum trotz einiger Ampelspurts mit Vollstrom – Platz da, jetzt komm‘ ich – einen niedrigen Verbrauchswert von 12,4 kWh auf 100 Kilometer (gesetzlicher Messzyklus: 12,7 kWh / 100 km).

Physikalische Fahrwiderstände senken

In der Betrachtung der Fahrwiderstände spielt die Aerodynamik bei der innerstädtischen Tour keine Rolle. Der Vollständigkeit halber: Der e-Golf ist, anders als die Blue-Motion-Varianten, nicht zur Reduzierung der Stirnfläche tiefergelegt. Das Schrappen der vorderen Spoilerlippe, wie es von den Sparversionen bekannt ist, bleibt darum aus. Als kleiner Ausgleich sind die Felgen weit gehend geschlossen und flächig gestaltet. Wichtiger als der Luftwiderstand sind beim ständigen Anfahren, Beschleunigen und Bremsen der Rollwiderstand, die Rekuperation und die Kriechfunktion.

Für einen niedrigen Rollwiderstand hat der e-Golf serienmäßig Leichtlaufreifen aufgezogen. Wer das Fahrgefühl in einem Basis-Golf mit 63 kW (85 PS)-TSI kennt, wird sich über den eingeschränkten Komfort auf Querfugen und über Schlaglöcher wundern. Außerdem leidet die Seitenführung, und die Pneus fangen in engen Kurven und bei starker Beschleunigung auf unebener Fahrbahn früh an zu quietschen – wer diesen Preis nicht bezahlen will, muss sich Sportgummis auf seinen e-Golf ziehen und etwas Reichweite liegen lassen. Ein Grundübel müssen die Fahrer trotzdem hinnehmen: Die Batterie verursacht zwar einen niedrigen Schwerpunkt, aber das Übergewicht (1585 Kilogramm) nagt an der Dynamik. Das kann der BMW i3 erheblich besser.