CAVE: Renaults Virtual-Reality-Fahrsimulator

Der realistischste Fahrsimulator der Welt ist ein 27 Kubikmeter großer Würfel, dessen Wände, Boden und Decke die Umgebung auf 45 Quadratmetern Bildfläche darstellen.

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Von
  • Roland Austinat
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Mit einer dunklen Höhle hat Renaults CAVE nichts zu tun: Die Abkürzung steht für "Cave Automatic Virtual Environment" und beherbergt einen Virtual-Reality-Fahrsimulator, in dem der französische Autohersteller neue Fahrzeuge virtuell darstellen kann. Das System wurde im Sommer 2013 in Renaults Technocentre in der Nähe von Paris installiert. 10.000 Mitarbeiter sind dort beschäftigt, wie Andras Kemeny, Leiter des Immersive and Virtual Realty Centre, auf der GPU Technology Conference in San Jose erzählt. Doch einfach war der Weg zum VR-Simulator nicht – sein Team musste dabei unter anderem mit einer 1,5 Tonnen schweren Acrylglasplatte jonglieren.

Bei der Fahrzeugsimulation arbeitet Renault eng mit seinen Zulieferfirmen zusammen. War es beispielsweise vor 1998 noch üblich, dass bis zu vier Scheinwerferprototypen hergestellt und in einen Fahrzeugprototypen eingebaut wurden, läuft die Entwicklung heute komplett digital. Beim Renault Laguna 3 liefern die Scheinwerferhersteller Renault CAD-Datenpakete, die dann in die Simulation integriert und auf ihre Tauglichkeit geprüft werden. "Das senkt die Kosten und gibt uns viel mehr Designmöglichkeiten", erklärt Andras Kemeny. Auf diese Weise testete Renault auch die Funktionsweise intelligenter Scheinwerfer, die sich eigenständig ins Innere einer Kurve drehen oder bei schlechten Lichtverhältnissen zusätzliche Leuchten aktivieren.

CAVE: Renaults Virtual-Reality-Fahrsimulator (7 Bilder)

Schon seit 1992 betreibt Renault eigene Fahrsimulatoren. Im Jahr 2002 war der Autohersteller der Erste, der ein um sechs Achsen rotierbares Cockpit auf einer elektromagnetisch höhenverstellbaren Säulengruppe platzierte.

Schon seit 1992 betreibt Renault eigene Fahrsimulatoren. Im Jahr 2002 war der Autohersteller der Erste, der ein um sechs Achsen rotierbares Cockpit auf einer elektromagnetisch höhenverstellbaren Säulengruppe platzierte. Im Innern des Simulators warfen fünf Projektoren eine Straßenumgebung mit einem Sichtwinkel von 200 Grad an die das Cockpit umgebenden gekrümmten Wände.

Zwei Jahre später entwickelte Renault einen statischen Fahrsimulator, in dem statt Projektoren eine Virtual-Reality-Brille mit 3D-Sicht zum Einsatz kam. Der Simulator bot erneut einen großen Blickwinkel, die Testperson saß in einem physischen Autoprototypen. Warum setzte das Technocentre nicht schon damals auf die CAVE? "Die CAVE-Technologie war mit nur einer Million Pixel pro Wand qualitativ noch nicht hochwertig genug", antwortet Andras Kemeny.

Voriges Jahr hörte Andras Kemeney von einer CAVE an der Iowa State University, deren sechs Wände eine Auflösung von 4k × 4k Bildpunkten besaß. "Ist man drei Meter von den Wänden entfernt, erscheint jeder Pixel kleiner als ein Millimeter – das kommt der Auflösungsgrenze des menschlichen Auges sehr nahe", sagt Kemeny. So machte sich sein Team daran, eine CAVE mit fünf neun Quadratmeter großen Wänden zu konstruieren.

Das gestaltete sich aufwendig: Eine 81 Kubikmeter große Grube musste unterhalb des Simulators ausgehoben werden, damit die Bodenprojektoren in ausreichend großem Abstand montiert werden konnten. Der Boden selbst muss stabil genug sein, um alle anderen Aufbauten sicher zu tragen – ein Schwerlasttransporter rollte mit einer 1,5 Tonnen schweren Acrylglasplatte an, die mit einem rollbaren Gerüst bündig auf die Grube abgesenkt wurde.

Die Front-, Boden- sowie die linke und rechte Wand besitzen eine Auflösung von 16 Millionen Pixeln, die Decke fährt eine Auflösung von 1920 × 1920 Bildpunkten, da dort während einer Autofahrt erfahrungsgemäß weniger zu sehen ist. Für das 3D-Bild kommen an jeder Wand zwei Sony-XRD-4k-Projektoren zum Einsatz, die ihre Bilder aus drei Meter Abstand von außen auf die CAVE-Wände werfen. Die Decke wird von zwei einfachen HD-Projektoren bestrahlt.

Neben der "Fahrerkabine" gibt es noch einen weiteren 3D-Bildschirm, auf dem die Fahrzeugingenieure die Aktionen ihrer Testperson verfolgen. Alle 16 Millisekunden berechnen 20 mit 3,6 GHz getaktete und mit 24 GByte RAM bestückte HP-Z800-Workstations 19 Bilder für die Projektoren, wobei ihnen 40 Grafikkarten vom Typ Nvidia Quadro 6000 unter die Arme greifen. Die Bewegungen des Fahrers werden mit acht ART-Kameras registriert und in die Simulation eingespeist.

Renaults CAVE ist mit 3 Millionen Euro auf den ersten Blick nicht ganz billig. "Wir sparen jedoch jedes Jahr 2 Millionen Euro, weil wir keine physischen Simulatoren mehr bauen müssen", sagt Andras Kemeney. Die CAVE ist mit Simulationen von Fahrzeugbau, Innen- und Außenbeleuchtung, Innenraumgestaltung, Ergonomie und Design so ausgebucht, dass Kemeneys Team schon die nächsten Simulatoren plant. Der nächste soll in Rumänien bei der Renault-Tochter Dacia installiert werden. (anw)