Apple verstärkt Chip-Entwicklerteam (Update)

Statt Standard-Bauelementen will Apple in Zukunft möglicherweise häufiger Prozessoren einsetzen, die spezifisch an die eigenen Geräte angepasst sind.

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Apple hat in den letzten Wochen und Monaten zahlreiche Chipentwickler eingestellt, darunter auch in der Branche bekannte Manager wie den ehemaligen Chief Technology Officer (CTO) von ATI, Bob Drebin, sowie offenbar nun auch seinen Nachfolger als CTO der heutigen AMD-Grafikchipsparte, Raja Koduri. Außerdem hat Apple im vergangenen Jahr mit P.A. Semi gleich eine komplette Chipentwicklerfirma zugekauft. Nach anfänglichen Spekulationen, dass es dabei um die von P.A. Semi entwickelten, hocheffizienten PowerPC-Prozessoren gehen könnte, scheint Apple aber eher am grundsätzlichen CPU-Know-how interessiert gewesen zu sein.

(Update:) Bereits Ende 2008 hatte Apple den Chef der IBM-Technologieentwicklung, Mark Papermaster, zu sich geholt. Dagegen versuchte sich IBM juristisch zu wehren, unterlag jedoch. Papermaster berichtet als Senior Vice President of Devices Hardware Engineering direkt an Steve Jobs.

Nach einem Bericht des Wall Street Journal (WSJ) hat Apple noch einige weitere Stellen für Chipentwickler ausgeschrieben und weitere erfahrene Techniker aus anderen Firmen abgeworben oder nach Entlassungen übernommen. Branchenkenner spekulieren darüber, dass Apple in Zukunft wieder verstärkt Prozessoren und Grafikchips mit Spezialfunktionen einsetzen wolle, um sich mit besonderen Gerätefunktionen besser von der Konkurrenz absetzen zu können.

Mit dem Wechsel von PowerPC-Hauptprozessoren der Firmen IBM und Freescale (zuvor Motorola) auf die weit verbreitete Intel-Technik hat Apple 2006 bei den Desktop- und Mobilcomputern genau das Gegenteil getan. Auch im iPhone stecken bisher eher Standard-Bauelemente, nämlich wie in vielen anderen Smartphones etwa ein System-on-Chip (SoC, von Samsung), das ARM-Prozessorkerne unter anderem mit einem PowerVR-Grafikkern kombiniert. Trotzdem brachte Apple Innovationen wie den Multi-Touch-Bildschirm früher als die Konkurrenz auf den Markt. Bei den iPods setzt Apple hingegen oft spezielle Bauelemente oder zumindest Microcontroller mit speziellen Anpassungen ein, um Funktionen wie die Sensorfläche zur Navigation zu realisieren. Der Controller der ersten iPod-Generation (und späterer) stammte von der mittlerweile von Nvidia übernommenen Firma PortalPlayer.

Laut dem WSJ-Artikel würde ein verstärktes eigenes Chipentwicklerteam Apple auch die Geheimhaltung kommender Funktionen erleichtern – man sei dann weniger häufig gezwungen, Ideen sehr frühzeitig mit externen Partnern zu diskutieren. Der Sorge um den "Abfluss" von eigenem Know-how nehmen sich allerdings alle Auftragsfertiger mit Geheimhaltungsversprechen an, wie sie beispielsweise die Firma UMC formuliert. Doch über kommende Apple-Produkte wird bekanntlich mit besonderer Begeisterung spekuliert (wie auch dieser Beitrag zeigt), oft schon lange im Voraus.

Dass die beiden kürzlich übernommenen und besonders bekannten Chipentwickler Bob Drebin und Raja Koduri ausgewiesene Grafikexperten sind, nährt – wenig überraschend – Spekulationen, dass Apple sich in diesem Bereich besonders hervortun will. Allerdings ist ohnehin bekannt, dass sich Apple stark bei der GPGPU-Technik engagiert, also beim Einsatz von 3D-GPUs zur Applikationsbeschleunigung, etwa via OpenCL. Und speziell im Bereich der Smartphone-SoCs hat es in den letzten Monaten mehrere Ankündigungen zu potenteren und potenziell GPGPU-tauglichen Produkten gegeben, etwa von TI oder ZiiLabs.

Interessant ist auch, dass sich die Spekulationen um die Zielrichtung des Apple-Entwicklerteams unter anderem auf Online-Informationen etwa aus dem Business-Netzwerk LinkedIn oder von der Stellenanzeigen-Seite Indeed.com stützen. Auch die ersten Spekulationen um den kommenden Grafikchip Larrabee beruhten 2006 auf Intel-Stellenausschreibungen. Im Web verraten also nicht nur manche Bewerber oder Arbeitnehmer unerwünschte Informationen über sich selbst, sondern auch große Firmen. Diese Informationen sind aber nicht immer aktuell: Bob Drebin, der nach eigenen Angaben AMD bereits im Januar 2008 verließ, wird auf der AMD-Webseite noch immer als CTO der Grafiksparte gennannt. Drebin war übrigens in den 80er-Jahren bereits für Steve Jobs' ehemalige Firma Pixar tätig und anschließend bei SGI und ArtX, wo er den Nintendo-Gamecube-Grafikprozessor entwickelte. (ciw)