Fedora Core 5 vorgestellt

Das Fedora-Projekt hat die fünfte Version der Linux-Distribution Fedora Core vorgestellt. Virtualisierung mit Xen, Integration von Mono und darauf aufbauende Software sowie viele aktualisierte Pakete und Detailverbesserungen zeichnen das neue Fedora aus.

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Von
  • Thorsten Leemhuis
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Nach einige Verzögerungen in der Test-Phase hat das von Red Hat gesponserte Fedora Project die fünfte Version von Fedora Core vorgestellt. Mit neun Monaten Entwicklungszeit ließ sich das Projekt dabei mehr Zeit als bei früheren Ausgaben und aktualisierte dabei nicht nur die Bestandteile, sondern fügte auch einige Neuerungen hinzu; der Umfang der für x86, x64 (x86_64) und PPC (Power/PowerPC) angebotenen Distribution wuchs dabei auf der i386-Architektur um rund ein halbes Gigabyte, was die Zahl der CD-Images von vier auf fünf erhöht; für eine Standard-Installation ohne deutsche Lokalisation sollen jedoch die ersten zwei Images reichen.

Die Release-Notes beschreiben alle Änderungen und Besonderheiten im Detail. Größte Neuerung ist wohl die Integration der Open-Source-.NET-Laufzeitumgebung Mono. Das Fedora-Projekt hatte diese in der Vergangenheit aus Angst vor Patentansprüchen gemieden, diese Einstellung kurz vor der zweiten Test-Version von Fedora Core 5 (FC5) jedoch verworfen. Auch einige auf Mono aufsetzenden Anwendungen wie die Desktop-Suchmaschine Beagle, die Notizverwaltungsoftware Tomboy oder das Foto-Verwaltungsprogramm F-Spot wurden in der neuen Version aufgenommen.

Die bereits in der Vorversion enthaltene Virtualisierungslösung Xen wurde auf einen Entwicklerzweig der 3.0-Serie aktualisiert. Sie wurde besser in die Distribution integriert und das Aufsetzen eines Fedora-Gast-Systems stark vereinfacht.

GNOME 2.14 unter FC5

Die Installationsroutine wurde in Teilen überarbeitet und vereinfacht – sie kommt in einem etwas moderneren Design und verwendet genau wie das aufgespielte System an einigen Stellen das neue Fedora-Logo. Als eine der ersten Mainstream-Distributionen mit Kernel 2.6 beherrscht FC5 mittels Dmraid die Installation auf die mit vielen Mainboard möglichen, durch das BIOS und Treiber realisierten RAID-Verbünde. Neu sind die grafische Programme Pirut und Pup zum Installieren und Aktualisieren von Software. Sie verwenden genau wie die Installationsroutine selbst das mit apt-get vergleichbare RPM-Paketmanagementtool Yum als Backend zur Installation von RPM-Paketen.

Als Standard-Desktop liegt GNOME in der nur wenige Tage vor FC5 erschienenen Inkarnation 2.14 bei. Dazu kommt noch eine erweiterte Version des bereits früher enthaltenen Network Manager zum dynamischen Wechsel zwischen WLAN-Netzen und kabelgebundenem Ethernet. Neu dabei ist auch der noch recht junge Gnome-power-manager zur Ansprechen und Koordinieren der Standby- und Suspend-Modi. Das mit dem Windows-Ruhezustand vergleichbare Software-Suspend ist in FC5 erstmals freigeschaltet.

Beim Kernel setzt Fedora Core 5 auf eine Vorabversion von Linux 2.6.16. Sie enthält vergleichsweise wenige Patches – die größten Brocken sind Xen mit rund zweieinhalb Megabyte sowie der Treiber bcm43xx für die verbreitenden Broadcom-WLAN-Chips. Nicht im offiziellen Kernel enthaltene Treiber und Erweiterungen finden sich davon abgesehen kaum; der Hardware-Support ist dadurch nicht ganz so umfangreich wie bei manch anderen Distributionen.

Im Kernel hat sich jedoch ein Fehler eingeschlichen, der das Laden von proprietären, nicht unter Open-Source-Lizenzen stehenden Treibern unterbindet – die Grafiktreiber von ATI oder Nvidia arbeiten daher beispielsweise nicht mit dem Kernel von Core 5 zusammen; die Entwickler wollen jedoch in den nächsten Tagen einen aktualisierten Kernel als Update bereitstellen, der das Problem behebt. Dieser oder einer der späteren dürfte dann auch auf dem finalen Kernel 2.6.16 basieren.

Als X-Server für die grafische Oberfläche fungiert nun X.org 7.0 – er installiert seine Dateien nicht mehr unterhalb des eigenen Verzeichnisses /usr/X11R6, sondern in die normale /usr-Hierarchie. Zudem ist der X-Server nun modular aufgebaut und auch so gepackt; die nun in über hundert RPM-Paketen verstreuten Teilkomponenten und Treiber lassen sich daher im Unterschied zu früher separat aktualisieren. Das soll Treiber-Updates und Korrekturen vereinfachen.

Mit schicken 3D-Effekten für den Desktop hält sich Fedora noch zurück – der Window-Manager von Gnome beherrscht sie, der von Red Hat vorangetriebene X-Server Accelerated Indirect GLX (AIGLX) fehlt genauso wie der mit ähnlichen Möglichkeiten, aber anderem Ansatz von Novell entwickelte XGL. Die Fedora-Entwickler bieten AIGLX jedoch in einem separaten Software-Repository zum Nachrüsten an. Sie wollen dort stetig aktualisierte Versionen nachreichen, um die noch in der Entwicklung befindliche Technik zu verbessern und massentauglich zu machen; nicht ganz uneigennützig vermutlich, würde das doch erlauben, den X-Server noch in das gegen Ende des Jahres erwartete Red Hat Enterprise Linux 5 zu integrieren, das auf Fedora Core 5 aufbaut.

Einige Arten von Buffer Overflows soll das in GCC 4.1 enthaltene Sicherheits-Feature Stack Protector erkennen und unterbinden. Zudem schränkt das in der Standardeinstellung aktive SELinux die Berechtigungen der Dienste im System stark ein – ein Cracker, der durch Lücken im Apache in das System eingedrungen ist, kann daher nur die von SELinux für den Webserver freigegebenen Bereiche erreichen und erlangt keinesfalls kompletten Root-Zugriff. Von den Einschränkungen bekommt der User zumeist nichts mit, wer jedoch eine ungewöhnliche Datenplatzierung oder Konfiguration verwendet, muss sich mit dem Sicherheitsframework auseinandersetzen. Einen Überblick über SELinux und andere Sicherheitsansätze für Linux finden Sie in dem Artikel Sicherheitserweiterungen für Linux auf heise open.

KDE 3.5.1, OpenOffice 2.02, Firefox 1.5, Thunderbird 1.5, Apache 2.2, Postgres 8.1 und MySQL 5.0 runden die Softwarebeilagen ab. Zusätzlich stehen über das Community-Projekt Fedora Extras über zweitausend weitere für Fedora Core 5 vorkompilierte RPM-Pakete bereit – etwa die Desktopumgebung XFCE, die Office-Programme Koffice, Abiword und Gnumeric oder die Windows-API-Emulation Wine.

Auf nicht unter freien Lizenzen stehende Treiber und Anwendungen sowie durch Patente geschützte Techniken verzichtet das ausschließlich auf Open Source setzende Fedora – Unterstützung von MP3- oder MPEG-Dateien fehlt daher genauso wie der Adobe Reader, der Flash-Player, Java von Sun oder der Real-Player. Für PDF-Dateien hat sich Evince als Acrobat-Alternative gemausert, die aber das Ausfüllen von PDF-Formularen nicht beherrscht. Bei Java kommt gjc/Classpth zum Einsatz, mit der auch die beiliegenden Applikationen Eclipse oder der J2EE-Server Geronimo arbeiten. Der MP3-Support oder Video-Player wie Xine und Mplayer lassen sich jedoch mittels Yum aus RPM-Software-Repositories wie rpm.livna.org nachladen.

Auch die Konkurrenz schläft nicht; mit Suse 10.1 und Ubuntu 6.04 stehen in wenigen Wochen auch Aktualisierungen bei den beiden bekanntesten Mitbewerber an. Sie dürften im großen und ganzen ähnliche Funktionen bieten, jeder der drei mit einigen Vor- und Nachteilen sowie unterschiedlichen Ansätzen in einigen Bereichen. So setzt Suse 10.1 noch auf GNOME 2.12, hat dafür aber XGL und einige andere Schmankerl aus dem für den Sommer erwarteten Suse Linux Enterprise Desktop integriert. Ubuntu 6.04 kommt wie Fedora mit GNOME 2.14, braucht statt fünf CDs oder einer DVD aber nur eine CD.

Wie die Fedora-Entwicklung weitergeht, scheint – von einer Ideensammlung abgesehen – ungewiss. Einer der führenden Entwickler deutete an, dass das Projekt die nächste Version vermutlich statt in neun wieder in sechs Monaten fertig stellen wolle, wie es schon bei früheren Fedora-Versionen gehandhabt wurde – damit würde Fedora Core genau wie GNOME und Ubuntu wieder im Halbjahresrhythmus erscheinen.

Fedora Core 5 steht ab sofort über den Hauptserver, zahlreiche Mirror oder Bittorrent zum Download bereit; die DVD-Images finden sich auf vielen via http zu erreichenden Mirror-Servern nicht, da sie zumeist noch einen Apache ohne Unterstützung von Large File Support einsetzen. Eine Ausnahme bildet etwa der unter Fedora Core 5 mit Apache 2.2 laufende Server der Fachhochschule Esslingen. (thl)