Türkisches Gericht verhängt Internet-Sperre für "Charlie Hebdo"-Titel

Die türkische Justiz geht gegen die neue Mohammed-Karikatur von "Charlie Hebdo" im Internet vor. Die Auslieferung der Zeitung "Cumhuriyet" kann das nicht verhindern. Sie druckte die Karikatur versteckt im Blatt.

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Türkisches Gericht verhängt Internet-Sperre für "Charlie Hebdo"-Titel

(Bild: Charlie Hebdo)

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Von
  • dpa

Ein Gericht in der Türkei hat die Sperre von Internetseiten angeordnet, die das neue "Charlie Hebdo"-Titelbild mit einer Mohammed-Karikatur zeigen. Die Entscheidung sei auf Antrag eines Anwalts von einem Gericht in Diyarbakir im Südosten des mehrheitlich muslimischen Landes getroffen worden, meldete die
Nachrichtenagentur Anadolu am Mittwoch.

Die Nachrichtenagentur DHA berichtete, der Anwalt habe damit das Erscheinen der Mohammed-Karikatur vom neuen Charlie Hebdo-Titel in der Türkei verhindern wollen. Zum Zeitpunkt des Gerichtsbeschlusses war die linksnationalistische Zeitung Cumhuriyet bereits mit einer gedruckten Charlie Hebdo-Beilage erschienen.

Die türkische Variante der Karikatur.

(Bild: T24)

Das regierungskritische Blatt hatte in der vierseitigen Beilage am Mittwoch Auszüge der neuen Charlie Hebdo-Ausgabe gedruckt. Das Titelbild des Satiremagazins war allerdings nicht in dieser Beilage, sondern nur verkleinert auf zwei anderen Seiten in der Zeitung abgebildet. Online hatte Cumhuriyet die Karikatur nicht veröffentlicht, die einen weinenden Propheten Mohammed mit einem Schild "Je suis Charlie" zeigt.

DHA berichtete weiter, das Gericht habe sich bei seinem Beschluss auf vier Internetseiten bezogen, die das Charlie Hebdo-Titelbild gezeigt hätten. Darunter ist auch das unabhängige Internetportal T24, dass die Karikatur mit türkischem Text abgebildet hatte. Dem Bericht zufolge wurden vor dem Redaktionsgebäude der Cumhuriyet drei Menschen festgenommen. Einer davon habe bei der Festnahme gerufen: "Du wirst meine Religion, meinen Propheten nicht angreifen." Die Polizei hatte die Umgebung des Redaktionsgebäudes aus Angst vor Übergriffen abgeriegelt.

Cumhuriyet berichtete online, die Polizei habe die Lastwagen mit den frisch gedruckten Zeitungen in Istanbul in der Nacht zu Mittwoch gestoppt. Nachdem die Polizei die Mohammed-Karikatur der Charlie Hebdo-Titelseite in der Beilage nicht fand, habe die Staatsanwaltschaft die Auslieferung erlaubt. Die Karikatur fand sich am Mittwoch als kleineres Bild in zwei Kommentarspalten in der Zeitung, aber außerhalb der Beilage.

Cumhuriyet nannte die Beilage, die mit türkischen Texten erschien, "ein Beispiel der Solidarität". Auf der Titelseite schrieb das Blatt: "Wir wollen den Kampf der Meinungsfreiheit in der Welt unterstützen." Chefredakteur Utku Cakirözer erklärte, man habe auf Religionsfreiheit ebenso wie auf religiöse Empfindlichkeiten geachtet. Die ultrakonservative Zeitung Yeni Akit kritisierte den Nachdruck als "große Provokation". (axk)