Abgas-Skandal: USA verklagen VW – Milliarden-Strafe droht

Im Skandal um manipulierte Abgaswerte gerät Volkswagen tiefer in die Bredouille: Das US-Justizministerium hat den Konzern wegen Betrugsvorwürfen und Verstößen gegen Umweltgesetze verklagt. Es droht schlimmstenfalls eine zweistellige Milliardenstrafe.

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(Bild: dpa / Ole Spata)

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  • dpa
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Die US-Regierung hat im Abgas-Skandal Klage gegen Volkswagen eingereicht. Das Justizministerium wirft dem Konzern vor, Betrugssoftware eingesetzt und gegen das Luftreinhaltegesetz "Clean Air Act" verstoßen zu haben. VW droht eine Strafzahlung in Milliardenhöhe. Der Konzern hatte bereits im September eingeräumt, eine "Defeat Device" genannte Manipulations-Software eingestzt zu haben, um Emissionstests auszutricksen.

Der Abgas-Skandal bei VW

Die in Detroit im Bundesstaat Michigan eingereichte Klage richte sich neben VW auch gegen die ebenfalls vom Skandal betroffenen Konzerntöchter Audi und Porsche, heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums. Die Hersteller hätten in fast 600.000 Dieselfahrzeugen eine illegale Software eingesetzt, um bei Emissionstests zu betrügen. VW habe den US-Umweltbehörden EPA und CARB den Einbau der verbotenen Programme bei der Zulassung der Autos verschwiegen und damit gegen US-Gesetze verstoßen.

Das Ministerium kündigte an, alle geeigneten Rechtsmittel auszuschöpfen. Die Klage sei nur um ein erster Schritt, erklärte die zuständige Bundesanwältin Barbara McQuade. Das könnte bedeuten, dass auf VW auch noch strafrechtliche Konsequenzen zukommen. Zudem laufen in den USA auch noch mehr als 500 Zivilklagen von Privatpersonen gegen VW, in denen es hauptsächlich um Betrug und Vertragsbruch geht. Darüber hinaus ermitteln etliche Bundesstaaten und US-Bezirke.

"Wir unternehmen einen wichtigen Schritt, um die öffentliche Gesundheit zu schützen, indem wir versuchen, Volkswagen für jegliche widerrechtliche Luftverschmutzung zur Rechnung zu ziehen", sagte Cynthia Giles von der Umweltbehörde EPA, in deren Auftrag die Klage eingereicht wurde. In der 31-seitigen Klageschrift ist von Strafen zwischen 32.500 und 37.500 US-Dollar pro betroffenem Fahrzeug die Rede. Damit könnten sich insgesamt Bußgelder über 18 Milliarden Dollar (16,6 Milliarden Euro) ergeben. Bei der Summe handelt es sich jedoch um ein theoretisches Höchstmaß.

Besonders brisant für VW: In der Klageschrift heißt es, der Konzern habe die Ermittlungen durch irreführende Angaben behindert und indem er Material vorenthalten habe. Die Wolfsburger hatten immer wieder betont, vollumfänglich mit den US-Behörden zu kooperieren. Am 18. September hatten EPA und CARB ihre Vorwürfe öffentlich gemacht. Zunächst war es nur um Manipulationen von kleineren 2,0-Liter-Dieselmotoren gegangen. Später wurde bekannt, dass auch in größeren, von Audi entwickelten 3,0-Litermotoren Software installiert wurde, die unter US-Recht verboten ist, und den Behörden nicht ordnungsgemäß offengelegt wurde.

Ein VW-Sprecher sagte am Montagabend in Wolfsburg: "Wir kennen die Klageschrift noch nicht im Detail und werden sie nun zunächst prüfen." Der Konzern sei aber in einem ständigen Austausch mit den Behörden. In den USA hatte der Skandal um geschönte Test-Messwerte von Stickoxid-Abgasen begonnen. Volkswagen bereitet dort einen Rückruf von Fahrzeugen mit manipulierter Motor-Software vor. Bislang haben sich die Wolfsburger mit den US-Umweltbehörden auch noch nicht auf einen Plan dazu einigen können.

Mehr Infos

Betroffene 2-Liter-Diesel-Modelle (Modelljahr in Klammern)

Jetta (2009-2015)
Jetta Sportwagen (2009-2014)
Beetle (2013-2015)
Beetle Convertible (2013-2015)
Audi A3 (2010-2015)
Golf (2010-2015)
Golf Sportwagen (2015)
Passat (2012-2015)

Betroffene 3-Liter-Diesel-Modelle (Modelljahr in Klammern)

Volkswagen Touareg (2009-2016)
Porsche Cayenne (2013-2016)
Audi A6 Quattro (2014-2016)
Audi A7 Quattro (2014-2016)
Audi A8 (2014 – 2016)
Audi A8L (2014-2016)
Audi Q5 (2014-2016)
Audi Q7 (2009-2015)

Bisher hätten die Gespräche mit VW dazu keine akzeptable Lösung hervorgebracht, heißt es in der Mitteilung des US-Ministeriums. "Wir arbeiten an Lösungen, aber über die Details können wir öffentlich noch nicht sprechen", sagte ein VW-Sprecher dazu, ohne weitere Einzelheiten zu den Gesprächen zu nennen. In Deutschland startet die Rückrufaktion für betroffene Fahrzeuge in diesem Jahr.

Hierzulande ziehen sich die Ermittlungen zur Abgas-Affäre in die Länge. Es müsse dabei ein möglicher Tatzeitraum von bis zu zehn Jahren aufgearbeitet werden, hatte der zuständige Braunschweiger Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe vor dem Jahreswechsel gesagt. Die Behörde ermittelt unter anderem wegen Betrugsverdacht gegen mehrere Mitarbeiter des Konzerns.

Wegen der falschen Abgaswerte bahnen sich auch in Deutschland teure Zivilklagen enttäuschter Autofahrer und VW-Aktionäre an. Anders als in den USA gibt es hierzulande jedoch kein Sammelklage-Verfahren: Jeder Autofahrer, der glaubt, einen Schaden erlitten zu haben, muss diesen dokumentieren, beweisen und dann selbst geltend machen. Auch in etlichen anderen Ländern laufen Ermittlungen und Verfahren gegen Volkswagen. (anw)