VW-Skandal: Spitzentreffen ohne schnelle Lösung – 60.000 potenzielle Kläger

In Washington hat sich VW-Chef Müller mit der Umweltbehörde EPA getroffen. Unterdessen häufen sich in Europa die VW-Kunden, die an einer Sammelklage interessiert sind.

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VW-Skandal: Spitzentreffen ohne schnelle Lösung – 60.000 potenzielle Kläger

(Bild: dpa)

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In der Abgas-Krise hat ein Gipfeltreffen von Volkswagen und der US-Umweltbehörde EPA in Washington keine neuen Lösungen gebracht. "Wir wissen es zu schätzen, dass sich die Vorsitzende der EPA, Gina McCarthy, die Zeit für ein Treffen mit uns genommen hat", teilte VW im Anschluss an den Termin von VW-Konzernchef Matthias Müller und VW-Markenchef Herbert Diess mit. Volkswagen werde weiterhin in vollem Umfang mit den US-Behörden EPA und CARB zusammenarbeiten. Weitere Informationen gab es nicht.

Es war das erste Treffen auf höchster Ebene zwischen VW und amerikanischen Staatsvertretern seit Bekanntwerden der Manipulationen bei Abgastests von Dieselfahrzeugen Mitte September.

Unterdessen wird berichtet, dass sich mehr als 60.000 Autobesitzer in Europa bei der "Stichting Volkswagen Car Claim" registriert hätten. Über die niederländische Stiftung organisiert die Düsseldorfer Kanzlei Baum, Reiter und Kollegen eine Sammelklage für VW-Privatkunden und-Aktionäre, berichtet RP-Online. In Deutschland gibt es dafür keine rechtlichen Möglichkeiten für Privatpersonen.

Die Anwälte sind der Ansicht, dass deutsche und US-Kunden ungleich behandelt werden. VW habe in den USA beispielsweise den Besitzern eines betroffenen Fahrzeugs mit Zwei-Liter-Motor einen 1000-Dollar-Gutschein angeboten.

Der Abgas-Skandal bei VW

Müller und Diess waren im Anschluss an die US-Automesse in Detroit eigens nach Washington gekommen, um mit der EPA über Lösungsvorschläge für das Diesel-Dilemma zu sprechen. Eine Einigung mit der Behörde war vorab nicht erwartet worden. Im Anschluss wollte der Konzernchef nach Angaben aus Konzernkreisen zudem noch Gespräche mit Kongressabgeordneten führen.

Die Fronten zwischen den US-Behörden und VW sind bereits seit längerem verhärtet. Zuletzt hatten die Behörden kurz vor dem Spitzentreffen Pläne von VW abgelehnt, wie die Manipulationen beseitigt werden sollen. Die kalifornische Umweltbehörde CARB lehnte demnach einen älteren von VW eingereichten Vorschlag zur Beseitigung von illegalen Manipulations-Programmen in Hunderttausenden Dieselfahrzeugen ab.

Aus der Mitteilung der Behörde geht aber auch hervor, dass Volkswagen die Chance habe, bei den Lösungsvorschlägen für die betroffenen knapp 500.000 Wagen mit 2,0-Litermotoren nachzubessern. Auch die EPA, die den Skandal Mitte September ans Licht gebracht hatte, erklärte noch vor dem Treffen mit Müller, Volkswagen habe noch immer keinen genehmigungsfähigen Rückrufplan vorgelegt.

Volkswagen erklärte bereits vor dem Spitzentreffen zur Entscheidung aus Kalifornien: "Die heutige Mitteilung bezieht sich auf die anfänglichen Rückrufpläne Volkswagens, die CARB im Dezember übermittelt wurden. Seither hatte Volkswagen konstruktive Gespräche mit CARB." VW will nun versuchen, die Behörden mit einem neuen Lösungspaket zu überzeugen. Dazu könnte auch ein teurer Rückkauf von mehr als 100.000 Autos zählen.

Die US-Umweltbehörde CARB äußerte erneut scharfe Kritik an VW. "Volkswagen hat die Entscheidung getroffen, bei Abgas-Tests zu schummeln und hat dann versucht, das zu verstecken", betonte CARB-Chefin Mary Nichols. "Sie haben weitergemacht und haben die Lüge noch verschlimmert und als sie erwischt wurden, haben sie versucht, es zu leugnen."

Insgesamt geht es um etwa 580.000 Diesel-Autos in den USA, da auch größere Modelle mit 3,0-Litermotoren betroffen sind. Wie das Lösungspaket, das den Aufsehern präsentiert werden soll, genau aussieht, ist noch unklar.

VW-Vorstandschef Müller hatte zuvor mit einem verunglückten Radio-Interview für große Irritationen gesorgt. In dem Gespräch mit dem US-Sender NPR am Rande der Automesse in Detroit stellte Müller den Abgas-Skandal zunächst lediglich als "technisches Problem" dar – anschließend wollte der Konzern das Interview noch einmal neu aufzeichnen. In der zweiten Version ruderte Müller dann zurück. VW lege großen Wert auf die Feststellung, dass der Konzern die Verstöße einräume. "Daran gibt es keinen Zweifel."

Im VW-Aufsichtsrat hatten die Aussagen Müllers für Verwunderung gesorgt. Nach dpa-Informationen will sich das dem Aufsichtsrat vorgeschaltete Präsidium noch im Januar treffen, um gemeinsam mit Müller über die jüngsten Entwicklungen zu beraten. Erst danach solle es eine Bewertung geben. Maßgeblich sei dabei auch, welche Ergebnisse Müller von dem Treffen mit der EPA mitbringe. Die große Hoffnung auf eine baldige Lösung hätten aber in den vergangenen Tagen einen Dämpfer erhalten, hieß es aus Aufsichtsratskreisen. (mit Material der dpa) / (anw)