Abgas-Skandal: VW-Mitarbeiter sollen Manipulations-Software nachträglich erweitert haben

Noch zum Jahreswechsel 2014/2015 sollen Dieselautos in den USA ein Software-Update bekommen haben, durch das die Motorenmanipulation verfeinert wurde. Zu der Zeit hatte die US-Umweltbehörde CARB VW bereits im Visier.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 224 Kommentare lesen
Abgas-Skandal: VW-Mitarbeiter sollen Manipulations-Software noch 2015 erweitert haben

(Bild: heise Autos)

Lesezeit: 2 Min.

VW-Mitarbeiter sollen Dieselmotoren auch dann noch manipuliert haben, als die kalifornische Umweltbehörde CARB den Autohersteller bereits monatelang wegen deutlich erhöhter Abgaswerte auf dem Kieker hatte. Das berichten NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung. Demnach sollen VW-Entwickler anscheinend noch zum Jahreswechsel 2014/15 die illegale Abschaltvorrichtung durch ein Software-Update erweitert haben.

Softwareexperten haben für den NDR die Steuerungssoftware eines US-amerikanischen VW Passats vor und nach dem Update untersucht. Dabei sollen sie festgestellt haben, dass in der neuen Version das Merkmal der Lenkwinkelerkennung hinzugefügt worden ist. Die Software sei also so verfeinert worden, "dass sie noch genauer erkennen kann, ob sie in einer Prüfsituation ist oder nicht", wird Thorsten Holz zitiert, Professor für Systemsicherheit an der Ruhr-Universität Bochum. Es sei bewusst ein weiterer Programmcode hinzugefügt worden, meint der Hamburger Hacker Felix Domke.

Die kalifornische Umweltbehörde hatte Volkswagen im Frühsommer 2014 aufgefordert, zu hohe Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen im Straßenbetrieb zu erklären. VW hatte CARB daraufhin im Dezember 2014 einen freiwilligen Rückruf der betroffenen Fahrzeuge angeboten, um durch ein Softwareupdate den Ausstoß von Stickoxiden im Straßenbetrieb zu verringern. Ab Ende Dezember 2014 wurden die mehr als 500.000 betroffenen Fahrzeuge in die Werkstätten zurückgerufen, bei 280.000 sei das Software-Update bis zum Frühjahr 2015 durchgeführt worden.

CARB-Experten hätten bei den Folgeuntersuchungen ab Mai 2015 zwar festgestellt, dass der Stickoxidausstoß im Straßenbetrieb durch andere Maßnahmen innerhalb des Softwareupdates verringert wurde. Da die Grenzwerte jedoch weiterhin um das Fünfzehnfache überschritten worden seien, haben die Behörde intensiver geprüft und dabei entdeckt, dass sich abhängig von Lenkradbewegung, Geschwindigkeit, Fahrdauer und Luftdruck die Abgasreinigung veränderte und die Autos die Prüfsituation erkannten. Die erweiterte Software habe möglicherweise entscheidend dazu beigetragen, dass CARB die illegale Abschaltvorrichtung schließlich entdeckte.

Volkswagen habe sich auf Nachfrage nicht im Detail äußern wollen, heißt es. Ein VW-Sprecher habe mitgeteilt, "dass der gesamte Themenkomplex derzeit intensiv untersucht wird. Vor Abschluss der internen und externen, unabhängigen Untersuchungen können wir hierzu jedoch keine Auskunft geben". Aus Unternehmenskreisen heißt es, die Betrugssoftware sei auch nach der ursprünglichen Programmierung 2006 noch weiterentwickelt worden. Dafür verantwortlich sei aber nur ein "kleiner Kreis" von Mitarbeitern, die ohne Wissen der Führungsebene von Volkswagen handelten.

Chronologie des Abgas-Skandals (78 Bilder)

Mitte September 2015:  Die US-Umweltschutzbehörde EPA beschuldigt den Volkswagen-Konzern, Diesel-PKWs der Baujahre 2009 bis 2015 mit einer Software ausgestattet zu haben, die die Prüfungen auf US-amerikanische Umweltbestimmungen austrickst. Zu ähnlichen Untersuchungsergebnissen ist auch das California Air Resources Board (CARB) gekommen. Beide Behörden schicken Beschwerden an VW. (Im Bild: Zentrale der EPA in Washington D.C.)
(Bild: EPA
)

(anw)