Zahlen, bitte! Juri Gagarins Dorf der Raumfahrer

In 55 Jahren bemannter Raumfahrt haben 547 Menschen den Weltraum erreicht. Dass es schnell mehr werden, dafür könnte die kommerzielle bemannte Raumfahrt sorgen. Dann kann ja vielleicht auch ein verschollener Nigerianer endlich zurückgeholt werden.

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Zahlen, bitte! Juri Gagarin und sein Dorf der Raumfahrer
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Zusammen würden sie gerade einmal ein kleines Dorf füllen – all die Astro-, Kosmo- und Taikonauten, plus natürlich der eine Austronaut: Insgesamt haben seit Gagarins Premiere vor 55 Jahren 547 Menschen den Weltraum erreicht (und sind heil wieder zurückgekommen). Ihr Dorf wäre aber ein sehr spezielles, mit einem Frauenanteil von nur 11 Prozent. Am heutigen 12. April hätten sie dort jedenfalls Feiertag, den internationalen Tag der bemannten Raumfahrt beziehungsweise den russisch – ehemals sowjetischen – Tag der Kosmonauten. Der erinnert aber auch an die Opfer: Mindestens 18 Menschen sind auf Weltraummissionen gestorben, drei davon im All, der Rest beim Start oder der Landung.

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

In den genau 55 Jahren der bemannten Raumfahrt sind im Schnitt jedes Jahr also etwa zehn Menschen zum ersten Mal ins All aufgebrochen. Der Internationale Luftsportverband FAI zieht die Grenze hierfür bei 100 Höhenkilometern. Wer die erreicht, ist Raumfahrer. Die US Air Force dagegen rechnet nicht metrisch mit 50 Höhenmeilen, also 80,4672 Kilometer. Das hat Folgen für sieben Flieger des US-Experimentalflugzeugs X-15. Sie zählen nur für die US Air Force als Astronauten. Lediglich Joseph Walker flog auch in der X-15 mehr als 100 Kilometer hoch.

Drei Menschen gelten zwar als Raumfahrer, flogen aber nur suborbital. Sie schwenkten also nie in eine Umlaufbahn um die Erde ein. Das sind neben Joseph Walker noch Mike Melvill und Brian Binnie. Letztere schafften das im SpaceShipOne – als erste Astronauten in einem rein privat finanzierten Fluggerät. Noch sind sie damit allein, aber verschiedene Projekte arbeiten gerade daran, ihnen jede Menge Nachfolger folgen zu lassen. Wenn Virgin Galactic, Blue Origin und SpaceX damit Erfolg haben, dürfte die Zahl der Raumfahrer künftig deutlich schneller ansteigen, als in den vergangenen 55 Jahren.

Einen Orbit erreichten jedenfalls 544 Menschen aus insgesamt 40 verschiedenen Staaten (inklusive der beiden deutschen). Mehr als 450 davon waren US-Amerikaner oder Russen (beziehungsweise russische Sowjetbürger). Mit 11 Astronauten landet Deutschland schon auf Platz 3 – wenn man DDR und Bundesrepublik zusammenzählt. Erst auf Platz 4 kommt die einzige Nation, der es nach den USA und der Sowjetion ebenfalls gelungen ist, selbstständig Raumfahrer ins All zu schießen: China entsandte bislang 10 Taikonauten ins All. Vor allem in Europa gibt es daneben einige Staaten mit genau einem Astronauten beziehungsweise im Fall Österreichs, Austronauten.

Lediglich 24 Astronauten – darunter keine Frau – haben darüber hinaus die erdnahe Umlaufbahn verlassen, alle im Rahmen des US-amerikanischen Apollo-Programms. 12 davon konnten ihren Fuß auf den Mond setzen, der Rest verblieb im Orbiter. Insgesamt am längsten im All war mit mehr als 878 Tagen der Russe Gennadi Padalka, mit jeweils sieben Flügen kommen Franklin Chang-Diaz und Jerry Ross auf die meisten Flüge in den Weltraum. Der in Lettland geborene Kosmonaut Anatoli Solowjow hat fast 79 Stunden auf Außenbordeinsätzen verbracht und ist damit der Mensch, der tatsächlich am längsten "im All" war.

Kreativer Raumfahrer-Spam

Auch nach über einem halben Jahrhundert ist die bemannte Raumfahrt also immer noch eine sehr exklusive Veranstaltung. Mit Afrika hat sogar ein ganzer Kontinent noch keinen Berufs-Astronauten (der Südafrikaner Mark Shuttleworth flog als Tourist ins All), wobei zumindest eine derzeit kursierende Spam-Mail anderes glauben machen will. Demnach kreist der nigerianische Astronaut Abacha Tunde seit 1990 vergessen auf einer geheimen sowjetischen Raumstation im All. Sein Cousin sucht demnach flehentlich nach jemanden, der bei der Finanzierung der Rückkehr hilft. (mho)