Google I/O 2016: Der smarte Google-Assistent will in Zukunft überall sein

Google erhebt den Anspruch auf die Führungsrolle in der vernetzten Zukunft. Der Konzern verknüpft selbstlernende Computer mit seinem Datenschatz und der Fähigkeit, natürliche Sprache zu verstehen. Das schürt die Konkurrenz.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 24 Kommentare lesen
Google I/O 2016: Der smarte Google-Assistent will in Zukunft überall sein
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Andrej Sokolow
  • Christoph Dernbach
  • dpa
Inhaltsverzeichnis

Google will nicht mehr nur eine Suchmaschine sein, sondern ein persönlicher Assistent, dem der Nutzer mit gesprochenen Worten eine Frage stellt oder einen Auftrag erteilt. Egal, worum es geht: Wissensfragen, Termine, Einkaufslisten, Reisepläne – alles soll im Dialog mit Google geklärt werden können.

Google I/O 2016

Damit bestätigt Google die Richtung, die auch seine großen Rivalen Facebook, Amazon, Apple und Microsoft eingeschlagen haben. Und könnte den Konkurrenten gefährlich werden: KI wird mit zwei Jahrzehnten Erfahrung in der Internet-Suche gepaart. "Heute verstehen wir eine Milliarde Begriffe: Leute, Orte und Dinge in ihrem Verhältnis zur realen Welt", sagt Google-Chef Sundar Pichai auf der Entwicklerkonferenz Google I/O, und das ist keine leere Prahlerei. Dazu kommt die jahrelange Übung darin, nicht nur den Klang menschlicher Sprache zu verstehen, sondern auch den Inhalt richtig zu interpretieren.

Im Haushalt soll Googles sprechender Assistent in einem kleinen weißen Lautsprecher wohnen. Google Home hört aufs Wort, spielt die gewünschte Musik ab – soll aber im Grunde auch jede Frage beantworten, die einem so einfallen kann. Schnittstellen zu allen möglichen Geräten und Diensten sollen das Gerät zur universellen Schaltzentrale fürs Leben machen.

Die Visionen der Großen IT-Konzerne liegen ganz nah beieinander. Amazon hat mit dem Lautsprecher Echo, von dem laut einigen Schätzungen bereits drei Millionen Geräte verkauft wurden, eine ähnliche Plattform aufgebaut. Facebook setzt auch massiv auf künstliche Intelligenz und Gründer Mark Zuckerberg will persönlich einen Assistenten für sein Zuhause programmieren. Apple macht über die Schnittstellen der Plattform HomeKit Hausgeräte über Siri per iPhone steuerbar.

Kann Google seine Stärken in dieser neuen Welt zusammenbringen und mehr erreichen als die Konkurrenz? Und welche Folgen hätte der Wandel für Googles Geschäftsmodell? Schließlich verdient der Konzern sein Geld nach wie vor den Großteil des Geldes mit Anzeigen im Umfeld der Internet-Suche.

Pichai selbst sprach von einem Wendepunkt für den Konzern. Die Google-Dienste sollen viel nützlicher werden und schneller die richtigen Informationen für den aktuellen Moment liefern. Schon heute liefert beispielsweise eine Google-Suche nach Beyoncé nicht nur Links zur Homepage der Sängerin, sondern führt im "Knowledge Graph" die wichtigsten biografischen Daten der 34-Jährigen, eine Liste der populärsten Beyoncé-Songs und die anstehenden Konzerte mit Beyoncé auf. Künftig soll Google Home diese Informationen auch auf Nachfrage ausgeben.

Dieses neue Gesicht der Internet-Suche könnte mit der Zeit auch die Wettbewerbshüter vor eine veränderte Situation stellen. Wenn es darum geht, direkte Antworten statt eine Auswahl an Links zu liefern, wie kommen Wettbewerber von Google-Diensten in diese Gleichung rein? Diverse Konkurrenten beschwerten sich schon lange, dass ihre Angebote in der Google-Suchmaschine zugunsten hauseigener Services benachteiligt würden – und zumindest die EU-Kommission sieht an manchen Stellen Anhaltspunkte dafür.

An einer anderen Stelle könnte Google wiederum den Wettbewerb beleben. Die mobile Kommunikation via Messenger ist zumindest in der westlichen Welt fest in Facebook-Hand. Facebooks Dienst WhatsApp hat rund eine Milliarde aktive Nutzer, der Facebook Messenger noch einmal 900 Millionen. Google spielt trotz der zahlenmäßigen Dominanz im Smartphone-Markt beim Messaging nur eine untergeordnete Rolle – auch weil es auf Android-Smartphones keine überzeugenden Standard-Apps wie iMessage und Facetime auf dem iPhone gab. Das soll sich nun ändern.

Mit Allo bringt Google einen WhatsApp-Klon mit aufgeräumt wirkender Oberfläche und einigen Design-Spielereien. Außerdem will Google auch hier die künstliche Intelligenz seiner Systeme ausspielen und den Usern beim schnellen Antworten in einem Chat hilfreich zur Seite spielen. Ob die Anwender aber ein vom Google-Bot vorgeschlagenes Katzenbild süß oder eher gruselig finden, wird sich noch herausstellen. Und die Videochat-App Duo ahmt – nicht nur beim App-Logo – unverhohlen Apples Facetime nach, bietet aber mit einer neuartigen Anklopf-Funktion verglichen mit dem Vorbild durchaus neue Ansätze. Und da die beiden Dienste nicht nur für Android-Geräte, sondern auch für iPhone und iPad angeboten werden, darf auch Apple sich nicht länger auf dem Erreichten ausruhen.

Google Home (8 Bilder)

Google Home

(anw)