Google I/O: Smarter Sitz kämpft gegen Druckgeschwüre

Mit in Stoffen eingebauten Sensoren möchte der Ingenieur Oscar Segovia Druckgeschwüren (Dekubitus) vorbeugen. Sein Projekt heißt Smart Seat. Vielleicht kann ihm Googles Project Jacquard dabei helfen.

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Schematische Darstellung

Schematische Darstellung von Wabensegmenten einer Textilie. Jede Wabe enthält eine Spirale leitender Fasern, die Druck erfassen.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 2 Min.
Google I/O 2016

Druckgeschwüre (auch Dekubitus oder Wundliegegeschwür genannt) entstehen durch langes Sitzen oder Liegen auf den selben Hautstellen. Längere Druckbelastung kann zur Unterversorgung des Gewebes mit Sauerstoff und Nährstoffen führen. Über offene Druckgeschwüre dringen Krankheitserreger in den Körper ein, was tödlich enden kann. Ein Team um den kalifornischen Ingenieur Oscar Segovia möchte mit Sensoren und einer App dem gefährlichen Dekubitus vorbeugen.

Denn beim Dekubitus ist es von Gefahr erkannt nicht weit zu Gefahr gebannt. Bettlägrige, Rollstuhlfahrer und andere Gefährdete sind sich oft nicht bewusst, dass sie schon zu lange in der gleiche Position verharren. Die Warnung durch eine App könnte den entscheidenden Unterschied ausmachen.

Am Stand von Googles Wohltätigkeitsabteilung Google.org auf der Google I/O 2016 zeigten Segovia und sein Mitstreiter Paul Herzlich ihre experimentellen Ansätze. Klassische Drucksensoren funktionieren, sind aber relativ groß und dick und nicht unbedingt wasserdicht. Noch mehr Platz braucht die Abstandsmessung mit infrarotem Licht. Und auch diese Bauteile können sich eher weniger mit Kochwaschgängen anfreunden. "Die vielversprechendste Methode ist bislang das Einweben leitender Fasern", berichtete Segovia im Gespräch mit heise online.

Allerdings kehren die Fasern manchmal nicht vollständig in ihre ursprüngliche Form zurück, wenn der Druck nachgelassen hat. In den Versuchen hat sich gezeigt, dass dem mit einer spulenförmigenAnordnung der Fasern nachgeholfen werden kann. Daher möchte Segovias Team den Stoff in Segmente teilen, beispielsweise Achtecke. In jedem Segment wäre die leitende Faser spiralförmig aufgerollt. An jedem Ende der Spirale gäbe es Verbindungen mit einem benachbarten Stoffsegment.

Smart Seat (7 Bilder)

Drucksensoren

Dieser Prototyp des Smart Seat funktioniert mit Drucksensoren. (Bild: Daniel AJ Sokolov)

Im September hat Segovias Team mit ihrem Smart Seat einen kalifornischen Makeathon gewonnen; damals hieß das Projekt noch Smart Ass. Der Wettbewerb war von den Organisationen Tikkun Olam Makers, United Cerebral Palsy und Google.org ausgerichtet worden war. Zu den Sponsoren zählte auch die US-Version der Zeitschrift Make:.

Auf der I/O 2016 erfuhr Segovia erstmals von Project Jacquard. Unter diesem Namen hat Googles Entwicklungsabteilung ATAP leitende Fasern entwickelt, die sich in Textilien einweben lassen. Damit können Kleidungsstücke um ein Trackpad erweitert werden.

Levi Strauss hat eine Jeansjacke mit Trackpad in einer Manschette für 2017 angekündigt. Die Jacquard-Fasern dürfen in der Waschmaschine gewaschen werden. Segovia und Herzlich hoffen nun, bald mit diesen leitenden Fasern experimentieren zu dürfen.

(ds)