Mega-Fusion bei optischen Netzen möglich
Corning, Marktführer im Glasfasermarkt, möchte die Photonik-Komponenten-Sparte von Nortel übernehmen; anschließend wäre Nortel Mehrheitseigner bei Corning.
Der weltgrößte Hersteller von Glasfasern und Komponenten für Photonik-Equipment, Corning, möchte nach einem Bericht des Wall Street Journal die Komponenten-Sparte von Nortel Networks für 100 Milliarden US-Dollar kaufen. Nortel wiederum ist einer der größten Hersteller von Infrastruktur-Einrichtungen für optische Netze und von Telekommunikations-Equipment. Was sich auf den ersten Blick wie der milliarden-schwere Verkauf einer Unternehmensabteilung anhört, könnte sich aber zu einer der größten Fusionen in der noch relativ jungen Branche für die Internet-Infrastruktur und Unternehmensnetze auf der Basis photonischer Technologien entwickeln. Im Gegenzug soll Nortel nämlich Corning mit über 50 Prozent der Unternehmensanteile kontrollieren.
Allerdings soll Corning nach Abschluss des Deals wohl seine Selbstständigkeit behalten – ob dies jedoch die Konkurrenten von Nortel, darunter Lucent, Alcatel, Fujitsu, Siemens oder Agilent, beruhigt, ist eine andere Frage. Denn Corning ist nicht nur Zulieferer für Nortel selbst, sondern auch für anderen Firmen aus diesem Bereich. Um mit anderen Unternehmen bessere Geschäfte machen zu können, geht Lucent beispielsweise den umgekehrten Weg und will seine Komponentensparte in eine selbstständige Firma auslagern. Das Geschäft zwischen Nortel und Corning soll aber in Form eines Aktientauschs ablaufen, womit Nortel automatisch Mehrheitseigner des Glasfaserpsezialisten würde.
Nach den Informationen des Wall Street Journal sind die beiden Firmen bereits seit längerem in ernsthaften Gesprächen; ein Abschluss stünde aber noch nicht auf der Tagesordnung, unter anderem wegen der möglichen Schwierigkeiten, denen beide Firmen anschließend auf dem Markt gegenüberstünden. Das Geschäft könne noch jederzeit platzen, wenn diese offenen Fragen nicht zur Zufriedenheit beider Unternehmen gelöst werden könnten. Bislang gaben beide Unternehmen keine Kommentare zu dem möglichen Deal ab. Für Nortel hätte eine Mehrheitsbeteiligung an Corning und der Verkauf der eigenen Komponentensparte an das Unternehmen aus dem Bundesstaat New York jedenfalls den Vorteil, dass eine gesicherte Versorgung mit Komponenten für die eigenen Photonik-Geräte gewährleistet wäre.
Das optische Komponentengeschäft von Nortel erzielt einen Umsatz von rund einer Milliarde US-Dollar. Den hohen Kaufpreis, den Corning für die Sparte zahlen will, überrascht angesichts der jüngsten Entwicklungen kaum noch: So berappte JDS Uniphase, einer der Hauptkonkurrenten von Corning, für den Photonik-Spezialisten SDL vor kurzem erst 41 Milliarden US-Dollar. Beträge von mehreren Milliarden US-Dollar für Übernahmen im Bereich der optischen Netze sind inzwischen keine Seltenheit mehr: Die Branche boomt, in einigen Jahren erwarten Analysten Umsätze von über 500 Milliarden US-Dollar jährlich, die mit Photonik erzielt werden können. Der zunehmende Konzentrationsprozess auf diesem Markt hat allerdings bereits zu einiger Besorgnis bei den amerikanischen Wettbewerbshütern der Federal Trade Commission (FTC) geführt.
Das Nortel-Papier ist in den vergangenen zwölf Monaten um 259 Prozent auf 80,81 US-Dollar gestiegen (Marktkapitalisierung: 240,5 Milliarden US-Dollar); die Corning-Aktie machte sogar einen Sprung um 290 Prozent auf 283,75 US-Dollar (Marktkapitalisierung: 80,5 Milliarden US-Dollar). Corning hat im vergangenen Jahr 4,4 Milliarden US-Dollar und Nortel 21,3 Milliarden US-Dollar umgesetzt. Im weltweiten Glasfasermarkt hat Corning bereits einen Marktanteil von 40 Prozent. (jk)