Großes Reinemachen

Die Euro 4 für Motorräder und die Folgen

Die Abgasnorm Euro 4 wird die Motorradwelt ab dem kommenden Jahr nachhaltig verändern: Viele Modelle werden verschwinden, weil die Anpassung an die neuen Grenzwerte sehr teuer wird udn sich für einige schlicht nicht mehr lohnt

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 93 Kommentare lesen
Zweirad 11 Bilder
Lesezeit: 13 Min.
Von
  • iga
Inhaltsverzeichnis

Köln, 2. September 2016 – Die schlechte Nachricht zuerst: 2017 werden viele Motorräder in der EU nicht mehr erhältlich sein. Ab dem 1. Januar nächsten Jahres gilt die Euro-4-Norm, die von einer Menge Modellen nicht eingehalten werden kann. Die gute Nachricht gleich hinterer: Wer bis Ende des Jahres zuschlägt, kann beim Abverkauf der auslaufenden Modelle ein Schnäppchen machen. Darunter sind einige wunderschöne Motorräder, der Käufer muss sich dann allerdings beeilen, sein neues Bike noch dieses Jahr zuzulassen.

Die Euro-4-Norm gilt zwar schon seit Beginn des Jahres, aber nur für Motorräder, die 2016 neu auf den Markt gekommen sind. Für Modelle, die bereits früher eine Typenzulassung in der EU hatten, läuft die Übergangsfrist am 1. Januar 2017 aus und dürfen danach nicht mehr zugelassen werden, falls sie nicht der Euro-4-Norm entsprechen.

Neue Grenzen und ...

Ein Blick auf die neuen Grenzwerte lohnt sich, denn hier hat sich eine Menge getan. Maximal sind in der Euro-4-Norm nun noch 1140 mg/km Kohlenmonoxid (CO) erlaubt. Zuvor waren es 2000 mg/km. Bei den unverbrannten Kohlenwasserstoffen (HC) durften es bisher 800 mg/km sein, sofern das Motorrad weniger als 150cm3 hatte. Darüber lag der Grenzwert bei 300 mg/km. Diese Hubraumgrenze ist entfallen, dafür hat sich der Gesetzgeber etwas Neues einfallen lassen. Künftig ist die eingetragene Höchstgeschwindigkeit entscheidend. So sind nur noch 170 mg/km erlaubt, es sei denn, die Maschine schafft nicht mehr als 130 km/h. Da dürfen es 380 mg/km an unverbrannten Kohlenwasserstoffen sein.

Diese Tempogrenze spielt auch bei der Begrenzung von NOx eine Rolle. Die langsamen dürfen nur 70 mg/km ausstoßen, Zweiräder mit einem Spitzentempo von mehr als 130 km/h wird maximal 90 mg/km zugestanden. In der Euro-3-Norm waren es noch 150 mg/km. In der ab 1. Januar 2020 geltenden Euro-5-Norm entfallen diese neuen Grenzen dann wieder. Ab da gelten folgende Maximalwerte in mg/km: 1000 (CO), 100 (HC), 60 (NOx). Neu ist, dass in der Abgasnorm nun auch Grenzen für den Geräuschpegel festgelegt werden. Bis 80 cm3 sind maximal 75 dB(A) erlaubt, zwischen 81 und 175 cm3 77, darüber 80 dB(A). Für die kommende Abgasnorm Euro 5 sind strengere Werte zu erwarten, die allerdings noch nicht feststehen.

... Anforderungen

Wobei die Euro-4-Norm nicht einfach nur strengere Grenzwerte bedeutet. Die EU hat eine ganze Liste an Voraussetzungen gestellt, was die Motorradhersteller arg ins Schwitzen brachte. Beschweren durften sie sich sich freilich nicht, hatten sie doch im Vergleich zu Autos sehr lange stabile Grenzwerte. Die Euro 3 galt für neu homologierte Zweiräder ab dem 1. Januar 2006. Als besonders schwierig entpuppte sich die On-Board-Diagnose, die permanent die abgasbeeinflussenden Systeme überwacht und auf die Daten reagieren soll. Das bedeutete für die Entwickler einen erheblichen Aufwand an Hard- und Software. Es ist einer der Gründe, warum Euro-3-Modelle nicht so ohne weiteres auf Euro 4 aufgerüstet werden können.