Wirtschaftsforscher dämpfen Hoffung auf UMTS-Milliarden
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) warnt davor, zu große Hoffnungen in hohe Erlöse aus der UMTS-Auktion zu setzen.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) vertritt in seinem jüngsten Wochenbericht die Meinung, dass die Erlöse aus der deutschen UMTS-Auktion die Marke von 20 Milliarden Mark sehr leicht unterschreiten könnten. Sollte dies der Fall sein, würde sich für Finanzminister Hans Eichel ein neues Haushaltsloch auftun: Er hat nämlich die 20 Milliarden Mark, die er durch die Auktion in die Kasse zu bekommen hoffte, bereits fest im Haushalt verplant.
Das DIW begründet seine für den Finanzminister negative Prognose damit, dass einerseits die Zahl die Bewerber massiv zurückgegangen sei – von den anfänglich 12 Unternehmen und Konsortien, die sich um eine Teilnahme an der Auktion beworben hatten, sind noch sieben übrig geblieben. Der Teilnehmerschwund an der Auktion in den Niederlanden hat dazu geführt, dass statt der erhofften 9,1 Milliarden Euro nur 2,7 Milliarden Euro in die Staatskasse flossen. Andererseits untermauern die Wirtschaftsforscher ihre These damit, dass die Wirtschaftlichkeit der Lizenzen aufgrund der hohen Anfangsinvestitionen sehr fraglich sei. Die Deutsche Telekom rechne etwa mit bis zu acht Milliarden Mark, die sie in den Aufbau eines UMTS-Netzes in Deutschland investieren müsse, schreiben die Wirtschaftsforscher. Ein Neueinsteiger im deutschen Markt müsse sogar mit bis zu zehn Milliarden Mark rechnen. Diesen immensen Kosten stünde ein bislang eher mäßiges Interesse an mobilen Datendiensten gegenüber. So sei die Zahl der Nutzer von WAP-Handys beispielsweise immer noch sehr gering.
Allerdings muss das bislang geringe Interesse an WAP nicht unbedingt auf den Dienst selbst zurückzuführen sein: Die von Mobilfunkkonzern NTT DoCoMo in Japan etablierte Vairante eines mobilen Internet mit dem Namen i-mode kann sich über gewaltigen Zulauf freuen. Der Grund ist leicht einzusehen: DoCoMo bietet seinen i-mode-Kunden eine Abrechung an, die sich am Volumen der übertragenen Daten orientiert. Hier zu Lande müssen die WAP-Kunden immer noch nach Online-Zeit bezahlen. Eine vergleichbare Situation wird sich höchstwahrscheinlich auch bei UMTS-Diensten einstellen: Wenn diese Dienste keine zu hohen Kosten verursachen, werden sie sich sicherlich auch über Zulauf freuen können. Sind die Dienste aber zu teuer, dann können sie noch so sinnvoll sein – sie werden kaum auf ausreichende Akzeptanz stoßen.
Auch scheint es nicht plausibel zu sein, dass die Telekommunikationskonzerne auf UMTS verzichten werden. Vielmehr werden sie sich gegenseitig unter Innovationsdruck setzen werden: UMTS gilt als sehr innovative Technik. Ein Verzicht auf solche Neuentwicklungen können sich die großen Konzerne wohl kaum erlauben. Zu diesem Resultat ist auch kürzlich eine Studie des Marktforschungsinstituts Ericsson Consulting gekommen: Zwar geht die Studie nicht davon aus, dass das Geschäft mit UMTS schnell große Gewinne abwerfen wird, aber langfristig sind die Autoren von Ericsson Consulting von der Wirtschaftslichkeit des neuen Mobilfunkstandards überzeugt. Und vor allem sehen sie die Notwendigkeit für Telefon-Gesellschaften, die weiterhin international in der ersten Liga mitmischen wollen, ein UMTS-Netz aufzubauen; "buy or bye-bye" lautet ihr Fazit.
Ein wirklich ernsthaftes Interesse an einer UMTS-Lizenz in Deutschland wird derzeit nur vier oder fünf Unternehmen zugetraut, nämlich der Deutschen Telekom, Mannesmann Mobilfunk, Mobilcom und E-Plus/Hutchinson. Vermutlich wird auch Viag Interkom mit seinen beiden Gesellschaftern E.ON (ehemals Viag und Veba) und British Telecom fleißig mitbieten – wenn auch E.ON in letzter Zeit nicht mehr den Eindrucke erweckte, dass die Telekommunikations zu ihrem Kerngeschäft zu zählen sei. Debitel, der größte netzunabhängige Mobilfunkbetreiber Deutschlands, steht finanziell recht allein auf weiter Flur, dem Unternehmen werden daher nur Außenseiterchancen eingeräumt. Das Konsortium G3 schließlich, bestehend aus der spanischen Telefonica und der finnischen Sonera, müsste eine komplett neue Infrastrukutur aufbauen – was mit immensen Kosten verbunden wäre und angesichts des Konkurrenzdrucks auf dem deutschen Mobilfunkmarkt kein Unterfangen mit Aussicht auf baldige Profitablität wäre.
Bleiben also fünf ernsthafte Bieter für vier bis sechs Lizenzen. Um viel Geld zur Tilgung von Staatsschulden aus der Auktion zu ziehen, könnte man sich für Hans Eichel leicht eine bessere Situation vorstellen. An UMTS kommen die Konzerne vermutlich nicht vorbei, aber es ist fraglich, ob sie für die Lizenzen viel zahlen müssen. Ob die Forscher vom DIW aber wirklich recht behalten, wird sich nach dem Ablauf der UMTS-Autkion, die Anfang der nächsten Woche beginnt, erweisen. (chr)