Französische Härte

Im Test: Renault Talisman Grandtour TCe 200

Der Renault Talisman ist ein gutes Auto geworden, wie ein Test zeigt. Die Käufer sollten allerdings bei den Sonderausstattungen achtsam sein, denn mit einem Paket wird mehr Agilität versprochen und der Komfort beschnitten

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 42 Kommentare lesen
Renault 32 Bilder
Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Martin Franz
Inhaltsverzeichnis

München, 2.November 2016 – Angesichts eines weltweiten SUV-Trends scheint ein Kombi mitunter ein wenig aus der Zeit gefallen zu sein. Gleiches wurde vor rund 15 Jahren schon einmal behauptet, damals hieß der Konkurrent Van. Doch im Vergleich mit diesen beiden Modeerscheinungen zeigt ein guter Kombi wie der Renault Talisman Grandtour, dass er nach wie vor seine Berechtigung hat. Entgegen der ersten Annahmen unterscheidet er sich trotz zahlreicher optischer Anleihen deutlich vom Renault Espace, wie dieser Test mit dem stärksten Benziner zeigt.

Leise und stark

Sonderlich erfolgreich war Renault mit den stärksten Motoren für den Talisman-Vorgänger Laguna nie. Der erste war ein schrecklich versoffener Dreiliter-V6, der trotz 167 PS nicht sonderlich flott war und die Limousine auch noch ziemlich kopflastig machte. Diese Zeiten sind lange vorbei: Heute steht an der Spitze ein 1,6-Liter-Benziner mit 200 PS und 260 Nm. Für sich betrachtet macht der seine Sache gar nicht schlecht. Er ist drehfreudig, hat mehr als genug Kraft und arbeitet auch mit dem alternativlosen Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe gut zusammen. Dabei bleibt er fast immer angenehm leise und röhrt nur im Sport-Modus verhalten, was mir ganz gut gefällt – auch deshalb, weil es abstellbar ist. Angesichts dessen fallen freilich Abroll- und Windgeräusche auf. Lästige Töne von nicht einwandfrei verarbeiteten Kunststoffteilen verkniff sich der Testwagen mit einer Laufleistung von 7000 Kilometern.

Verglichen mit der ähnlich starken, deutschen Konkurrenz in Form von Audi A4 2.0 TFSI, BMW 320i und Mercedes C200 fehlt dem Renault allerdings ein wenig Schwung. Die drei, obwohl bis zu 16 PS schwächer, haben mehr Hubraum und Drehmoment, was sie noch ein wenig souveräner wirken lässt. Davon abgesehen: Der Talisman ist mit dieser Maschine natürlich trotzdem bestens bestückt. Überholmanöver auf der Landstraße sind mit einer Leichtigkeit absolviert, auf die wohl viele Autofahrer gern zurückgreifen würden.

Optimistischer Rechner

Wer ihr oft nachgibt, muss mit Verbrauchswerten oberhalb von zehn Liter rechnen, maximal waren es 10,3. Auf einer zurückhaltenden Runde über das leicht hüglige Hinterland im Osten von München waren es am Ende 6,7 Liter. Alles in allem sind wir auf einen Verbrauch von 7,7 Litern gekommen. Auffällig ist dabei allerdings, wie weit der Bordcomputer im Testwagen daneben lag. Ich war eine Woche lang jeden Tag tanken, weil ich es nicht glauben wollte, aber der Rechner zeigte stets zwischen 0,8 und 1,1 Liter weniger an, als die Rechnung der nachgetankten Menge ergab.

Die kraftvolle Maschine offenbart einen weiteren Schwachpunkt des Talismans. Der Testwagen hatte das „Multi-Sense 4Control-Paket“ eingebaut – in der mittleren von drei Ausstattungslinien immerhin 1700 Euro teuer. Enthalten sind darin ein adaptives Fahrwerk, 19-Zoll-Felgen und eine Allradlenkung. Genau das alles hatte auch der Espace, den wir im März 2016 in der Redaktion hatten. Allerdings wirkt die Umsetzung im Talisman anders: Er ist zwar vom einst sprichwörtlichen Federungskomfort französischer Autos weit entfernt, doch ganz so unnachgiebig wie der Espace ist er nicht. Trotzdem wirkt er handlicher, was natürlich auch mit der tieferen Sitzposition zusammenhängt.