Ultra-Strom

Europäischer 350 kW-Ladesäulen-Korridor

Ein Konsortium aus Autobauern und Netzbetreibern stellt einen ersten Korridor quer durchs zentrale Europa von 25 Ladesäulen mit 350 kW Leistung auf. Dieses Projekt ist elementar für die Umsetzung der Massenelektrifizierung auf langen Strecken, selbst wenn noch kein einziges Auto dafür ausgelegt ist

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Ladesäulen mit 350 kW Leistung 9 Bilder
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Christoph M. Schwarzer
Inhaltsverzeichnis

Berlin, 21. Oktober 2016 – „RIP“ ist bei Spöttern die Abkürzung für die drei Ursachen des schleppenden Verkaufs Batterie-elektrischer Autos: Reichweite, Infrastruktur, Preis. Diese Faktoren müssen besser werden. Jüngstes Beispiel für den Fortschritt beim „I“ ist das Projekt Ultra-E: Entlang einer mehr als 1100 Kilometer langen Strecke von Amsterdam über Brüssel, Stuttgart, München und Wien bis nach Graz werden 25 extreme Schnell-Ladesäulen aufgebaut. Ihre Leistung beträgt bis zu 350 Kilowatt. Das ist mehr als doppelt so viel wie bei den aktuellen Superchargern von Tesla (145 kW). Und dennoch wird das kalifornische Unternehmen nicht überholt; Tesla bleibt das Vorbild und an der Spitze.

Ultra-E verspricht eine Reduktion der Zwangspause von eineinhalb Stunden auf 20 Minuten für 300 Kilometer Reichweite. Die Rechnung dahinter geht so: Die Konsortialpartner unter Führung von Allego legen einen Autobahnverbrauch von 25 Kilowattstunden auf 100 Kilometer zugrunde. Eine plausible Größenordnung, die durch die Realmesswerte in vielen Fahrberichten von heise Autos bestätigt wird. An den derzeit üblichen Gleichstrom-Ladesäulen nach dem europäischen CCS (Combined Charging System) mit 50 kW Ladeleistung ergeben sich also die besagten eineinhalb Stunden, um rund 75 kWh zu bunkern.

Die zukünftigen 20 Minuten erscheinen auf den ersten Blick weniger verständlich. Für 75 kWh müsste die Ladezeit bei 350 kW ungefähr 13 Minuten betragen – hier ergibt sich mathematisch eine Lücke. Die wiederum erklärt sich aus einer fahrzeugseitigen Begrenzung. Das einzige Auto, das offiziell das Potenzial für so hohe Ladeleistungen haben wird, ist der Porsche Mission E. Bisher lediglich eine Ankündigung, die je nach Quelle mal auf der IAA 2019, mal 2021 als Serienprodukt herauskommen könnte. Porsche schafft in Prototypen gesicherte 225 kW Ladeleistung, und daraus wiederum resultieren die 20 Minuten. Mehr ist (noch) nicht drin.

Zurück zu Ultra-E. Die Liste der Autoherstellern unter den teilnehmenden Partnern umfasst Audi, BMW, Magna und Renault, wo man bisher kein DC-fähiges Fahrzeug im Programm hat. Aus der Allianz von Renault und Nissan (und Mitsubishi) ist folglich bald mehr zu erwarten.

Fertigstellung bis Ende 2018

Die 25 Standorte kosten rund 13 Millionen Euro, wobei die eine Hälfte von der Europäischen Union und die andere vom Konsortium getragen wird. Eine gute halbe Million Euro pro Anlaufstelle, wo jeweils – hier ist noch nicht alles festgelegt – mindestens zwei, vielleicht auch bis zu vier 350 kW-Ladepunkte entstehen. Bis Ende 2018 soll alles fertig sein.