"Publius" - das Netz gegen Internet-Zensur im Test

Im Internet beginnt am heutigen Montag ein zweimonatiger Versuch zu einem "zensurfesten", vernetzten Publikationssystem.

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Von
  • Richard Sietmann

"Teile und Herrsche" – die klassische Formel der Machtsicherung, kehrt sich jetzt offenbar gegen die Regierenden. Im Internet beginnt mit der, initiiert von Informatikern von AT&T und der New York University, ein zweimonatiger Versuch zu einem "zensurfesten" Publikationssystem. Am morgigen Dienstag soll die Distribution der Proxy-Server starten, am 7. August beginnt der Test der Client-Software.

Das Publius genannte System sichert die Verbreitung von Web-Veröffentlichungen ähnlich wie FreeNet, indem es sie in einem Peer-to-Peer-Verfahren auf einer Vielzahl von Servern ablegt, und das unter Umständen in mehreren Teilen. Somit wird potenziellen oder realen Zensurbehörden erschwert, die inkriminierten Dokumente auf dem Weg über die Betreiberhaftung aus dem Verkehr zu ziehen. Darüberhinaus stützt sich Publius auf eine multiple Verschlüsselung: Dekodieren lassen sich die Seiten erst nach dem Zusammenfügen der verteilten Fragmente. Für den Betreiber eines Servers bleiben sie unlesbar. Damit können sie auch nicht für Inhalte verantwortlich gemacht werden, die sie nicht kennen können.

Wie die jüngsten Auseinandersetzungen um Napster zeigen, gehen Wirtschaftsverbände und Behörden im Kampf gegen vermeintliche Urheberrechtsverletzungen zunehmend gegen die Betreiber von Web-Sites vor. Auch die Kriminalitätsbekämpfung konzentriert sich auf die Knoten des Netzes – mit zweischneidigen Instrumenten, die an die Internet-Kommunikation andere Maßstäbe anlegen als an den klassischen Brief- und Telefonverkehr und die die Dienstanbieter zu Hilfsorganen des Staatsschutzes machen. Überwachungseinrichtungen bei den Internet-Providern, wie sie etwa das in der letzten Woche vom britischen Parlament verabschiedete RIP-Gesetz (Regulation of Investigatory Powers) vorschreibt, oder den E-Mail-Sniffer Carnivore des FBI, können autoritäre Regierungen durchaus repressiv zur Unterdrückung freier Meinungsäußerungen und missliebiger politischer Aktivitäten einsetzen.

Gegen die Beschneidung von Grundrechten als "Kollateralschaden" der Kriminalitätsbekämpfung und zum Schutz vor Repressionen gibt es im Wesentlichen zwei Arten von Verfahren. Remailer maskieren die Identität des Surfers oder des Absenders einer E-Mail – siehe dazu auch Ausgabe 16/2000 der c't (seit dem 31. Juli im Handel). Ein Tool wie Publius hingegen versucht, den Ort oder Urheber eines bestimmten Web-Dokumentes im Netz zu "verstecken".

Zur Kodierung verwendet ein Autor, der anonym bleiben möchte, einen Schlüssel, der sich in n Teile zerlegen lässt, von denen [i]k ( (jk)