Post aus Japan: Das rauchende Elektroauto

Nissan weicht schon seit längerem von der reinen E-Auto-Lehre ab – doch so eklatant wie bei seinem neuen Kompaktwagen "Note" für den japanischen Markt noch nie.

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Von
  • Martin Kölling

Sein neuestes Auto für den japanischen Markt dürfte für Nissan-Chef Carlos Ghosn so etwas wie ein Kompromiss mit der Realität sein. Mit aller Macht drückte er in seinem Konzern vor wenigen Jahren durch, auf Elektroautos zu setzen. 2010 war der Nissan Leaf die Folge, das am meisten verkaufte autobahntaugliche Elektroauto der Welt.

Und was lästerte Ghosn damals über die Hybride der Konkurrenz. Die würden noch rauchen, nur batterie-elektrische Autos seien auf der Straße wirklich emissionsfrei. Doch nun stellt er mit dem "Note" ein eigenes rauchendes Elektroauto vor. Es ist sozusagen Ghosns Eingeständnis, dass mit reinen Stromern noch keine Masse zu machen ist.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Nissan e-Power nennt sich der Antrieb. Wie der Ampera von Opel oder der i8 von BMW hat der neue Note neben einem Elektro- auch einen Benzinmotor an Bord. Allerdings unterscheidet sich das Konzept von dem von BMW. Der BMW i8 führt wiederum ein beachtliches benzingetriebenes bifunktionales Kraftwerk mit sich herum. Es kann sowohl die Batteriespeisen, als auch Kraft über die Hinterachse direkt auf die Straße bringen, so der Fahrer denn rasen will.

Nissan setzt hingegen wie Opel beim elektrischen Ampera darauf, dass der Benzinmotor neben seiner Funktion als Akkuladegerät auch Extrapower für den starken Tritt aufs Gaspedal liefert. Aber im Gegensatz zu BMW treibt der Benziner nicht direkt die Räder an, sondern sendet Extrastrom direkt an den Elektromotor. Im Unterschied zu Opels Mittelklasselimousine verbauen die Japaner allerdings eine kleinere Batterie.

Die Vorteile: Bei hoher Leistung kommt das Auto dennoch mit einer kleinen Batterie aus, was diese Technik interessant für Kompaktwagen macht. Sie hat nur fünf Prozent der Akkukapazität des reinen Stromers Leaf. Dies senkt die Kosten, den Preis und gleichzeitig auch noch ein bisschen den Benzinverbrauch. Nissan verspricht (nach japanischem Standard) einen Verbrauch von 2,7 Liter Benzin auf 100 Kilometern. Dies wäre vorerst der niedrigste Verbrauch für Hybride in Japan.

Doch Nissans neuester Hybrid zeigt auch ein Dilemma der Autohersteller auf: Der zähe Übergang vom Benzin- zu Elektromotoren führt zu einer beachtlichen Vielfalt elektrifizierter Antriebe. Nissan hat nun vier verschiedene Hybride im Programm: Im Van Serena sorgt er für Starthilfe und Energie für die Bordelektronik. Dann gibt es zwei Versionen für größere Pkw, und als weiteren Zwischenschritt der Auto-Evolution nun eben die e-Power-Version. Ghosns neue Botschaft scheint zu lauten: Reinen Elektroautos mag die Zukunft gehören. Aber bis ins nächste Jahrzehnt werden Benzinmotoren noch eine große Rolle spielen – und wenn auch nur als Hilfsaggregat. ()