Nach Trump-Wahl: US-Drohnenrecht droht Flickenteppich

Datenschutz steht auf Trumps Prioritätenlisten nicht weit oben, glaubt Drohnen-Jurist Kevin Pomfret. Das lasse den US-Staaten, Countys und Kommunen viel Spielraum für eigene Drohnen-Vorschriften. Ein rechtlicher Flickenteppich würde die Branche behindern.

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Kevin Pomfret

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 5 Min.
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"Die Steuern werden niedrig sein. Das ist gut für die Unternehmen", sagte Kevin Pomfret am Tag nach der US-Wahl. Ansonsten hatte der US-Anwalt im Gespräch mit c't wenig gute Nachrichten für seine Klienten. Denn es sei weitgehend unklar, was die Regierung Trump tun werde. "Unsicherheit ist üblicherweise nicht gut für das Geschäft. Niemand weiß, was in den nächsten sechs Monaten und danach passieren wird, etwa wie hoch die Zinsen sein werden. Aber Unsicherheit wäre wahrscheinlich auch eingetreten, wenn Jeb Bush ins Weiße Haus einziehen würde."

Kevin Pomfret ist Anwalt und spezialisiert auf Drohnen-, Geodaten- und Datenrecht.

Vom US-Parlament erwartet Pomfret in den nächsten vier Jahren keine drohnenspezifischen Gesetze. Eine Ausnahme könne es beim Budgetgesetz für die Luftfahrtbehörde FAA geben. Dieses könnte Paragraphen beinhalten, "die die FAA dazu anhalten, rasch den kommerziellen Drohneneinsatz im Luftraum zu erlauben, auch für Lieferungen". Denn das sei ein politisch unstrittiges Anliegen. Lieferflüge würden in den nächsten Jahren jedoch keine große Rolle spielen: "Das primäre Einsatzgebiet für Drohnen in den nächsten Jahren wird Datensammlung sein."

Und hier spießt es sich auch schon politisch: "Die weit Linken und die weit Rechten sorgen sich beide um die Privatsphäre", wobei die Demokraten mehr Druck machten. Es sei aber nicht absehbar, dass die Ränder der beiden Parteien genug Stimmen zusammenbekommen, um ein Datenschutzgesetz zu verabschieden.

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Kevin Pomfret ist Mitglied des Geospatial Advisory Committee der US-Regierung, Executive Director des Centre for Spatial Law and Policy, und Mitglied des Expertenkomitees für Global Geospatial Information Management der Vereinten Nationen (UN-GGIM).

Aus dem Weißen Haus werde es eher keine Initiative geben: "Ich wäre sehr überrascht, wenn Privacy auf Trumps Prioritätenliste stünde", betonte Pomfret, "Ihm geht es um die Steuern, Gesellschaftsfragen und Arbeitsplätze." Solange es auf nationaler Ebene keine Vorschriften gebe, können sich die lokalen Gesetzgeber betätigen. "Ich sehe viele Bemühungen auf Staatenebene für sehr restriktive Gesetze", erklärte Pomfret. Schon dieses Jahr seien Hunderte Gesetzesanträge gestellt worden.

"Aber die Branche und ihre Kunden wollen nicht 50 Staaten oder 3000 Countys und ich weiß nicht wie viele Kommunen mit unterschiedlichen Regeln über Datenschutz, Betriebszeiten, Rechte von Grundeigentümern sowie Start- und Landerecht auf öffentlichem Grund."

Um einen solchen Flickenteppich zu vermeiden, hat die National Telecommunications and Information Administration (NTIA) gemeinsam mit verschiedenen Organisationen freiwillige "Best Practices" ausgearbeitet. Sie sollen die Privatsphäre Unbeteiligter schützen. Doch Pomfret glaubt nicht, dass das den Eifer der Lokalpolitiker bremsen wird.

Eine Lösung wäre auch ohne US-Parlament möglich: Die Luftfahrtbehörde FAA könnte Datenschutzregeln erlassen. "Aber die FAA möchte das nicht. Sie hat nicht die Kapazitäten dafür, hat keine Erfahrung mit Datenschutz und könnte ihre Regeln auch nicht durchsetzen", konstatierte Pomfret. Außerdem sei der Datenschutz historisch eine Sache der Bundesstaaten.

Die FAA konzentriert sich auf Sicherheitsaspekte. Dort stehe sie vor dem Problem einer "no win situation", also einer Lage, in der sie nichts zu gewinnen hat. "Das selbe Parlament, das der FAA aufträgt, den kommerziellen Drohneneinsatz zu beschleunigen, wird der FAA die Schuld geben, wenn es zu Unfällen kommt."

Interesse am Thema Datenschutz gezeigt hat hingegen die US-Handelsaufsicht FTC. "Die FTC ist das, was in den USA einer Datenschutzbehörde am Nächsten kommt", erläuterte der Anwalt, "Sie versucht gerade, zu bestimmen, was ihre Rolle Rund um Drohnen ist." Sie könnte einzelne Verfahren gegen Unternehmen anstrengen. Aber um allgemeingültige Datenschutzregeln für Drohnen aufzustellen, müsste der Gesetzgeber der FTC neue Kompetenzen einräumen. "Da würde es viel Widerstand geben. Der Appetit der Republikaner auf mächtigere nationale Behörden ist gering."

Für den Juristen greift die gegenwärtige US-Diskussion über Datenschutz bei Drohnen zu kurz. Denn neben dem Schutz der Privatsphäre im engeren Sinn sei auch wichtig, wem die Daten gehören, was gesammelt werden darf, und an wen die Daten weitergegeben werden dürfen. "Die gleichen Fragen stellen sich bei selbstfahrenden Autos."

Die Datenschützer würden versuchen, das klassische Modell mit Information und Zustimmung Betroffener auch in diesen neuen Bereichen anzuwenden. "Das funktioniert nicht. Der Ansatz ist grundsätzlich fehlerhaft", glaubt Pomfret, "Wir brauchen etwas Neues. Bevor wir das Recht ändern, müssen wir allerdings die Auswirkungen der neuen Technik verstehen. Wir haben jedoch keine Ahnung, welche Vorteile Drohnen bringen werden. Wir glauben, dass wir das erahnen, aber in Wahrheit wissen wir es nicht."

Dazu kämen ungelöste und kaum beachtete Rechtsfragen rund um Daten. "Wem gehören Daten? Wer haftet für Schäden, die aus fehlerhaften Daten entstehen? Wie stellen wir Datenqualität sicher?", nannte der Anwalt einige Beispiele. "Der rechtliche Rahmen rund um Daten ist der Wilde, Wilde Westen."

Daher sei es auch schwierig, Versicherungen rund um Daten abzuschließen. Die Katze beißt sich in den Schwanz: "Niemand hat ausreichend Daten, um Prämien für Datenversicherungen zu berechnen."

Dieser Artikel ist Teil einer Serie zur Lage nach den jüngsten Wahlen in den USA. c't trifft dazu in der US-Hauptstadt Washington, DC, Experten mit unterschiedlichen Einstellungen und Arbeitsgebieten. Die Gesprächspartner vertreten dabei ihre persönliche Meinung, nicht die einer Organisation der sie unter Umständen angehören. (ds)