Politische Hacks im US-Wahlkampf versetzen Europäer in Sorge

Dass die US-Regierung Russland eine Einmischung in Amerikas Präsidentschaftswahlkampf durch Hacker-Angriffe vorwarf, war ein außergewöhnlicher Schritt. Jetzt machen sich Europäer Sorgen vor den Wahlen in Frankreich und Deutschland.

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Politische Hacks im US-Wahlkampf versetzen Europäer in Sorge

Stimmenauszählung (Berlin, 1946)

(Bild: Deutsche Fotothek‎, CC BY-SA 3.0 de)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Andrej Sokolow
  • dpa
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2016 wird in die Geschichte als das Jahr eingehen, in dem Hacker-Angriffe zu einem Instrument internationaler Politik wurden. Mitten in der heißen Phase des Wahlkampfs um die US-Präsidentschaft tauchten im Netz plötzlich interne E-Mails der Demokratischen Partei auf, die ihre Kandidatin Hillary Clinton in ein schlechtes Licht rückten. Anfang Oktober warf die US-Regierung Moskau offiziell vor, mit Hacker-Attacken den Ausgang der Wahl beeinflussen zu wollen.

Wie sehr die E-Mails aus dem Parteivorstand der Demokraten und dem Wahlkampfstab zur Niederlage Clintons gegen Donald Trump beigetragen haben, bleibt offen. Aber immerhin waren darunter bisher nicht öffentlich gemachte Texte ihrer Auftritte vor Wall-Street-Banken, was eine Nähe der Kandidatin zur Finanzwelt demonstrieren sollte.

Der Kreml und Präsident Wladimir Putin wiesen eine Verstrickung Russlands zurück. Doch amerikanische IT-Sicherheitsexperten sprachen schon früh von Hinweisen auf russische Geheimdienste hinter den Hacks. Obwohl solche Attacken meist schwer mit absoluter Sicherheit konkreten Gruppen oder Ländern zugeordnet werden können, gibt es doch diverse Anhaltspunkte wie Arbeitszeiten, Vorgehensweisen oder verwendete Software, die Experten zumindest Rückschlüsse erlauben.

Und das FBI untersuchte die Fälle lange, bevor sich das Weiße Haus dazu durchrang, mit dem Finger auf Russland zu zeigen. Vor den Wahlen in Frankreich und Deutschland ist man nun auch in Europa besorgt. Der neue Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Bruno Kahl, warnte vor Hacks und Desinformations-Kampagnen, die aus Russland gesteuert würden. Es gebe "Erkenntnisse, dass Cyber-Angriffe stattfinden, die keinen anderen Sinn haben, als politische Verunsicherung hervorzurufen", sagte er jüngst der Süddeutschen Zeitung mit Blick auf russische Internet-Aktivitäten. "Europa ist im Fokus dieser Störversuche, und Deutschland ganz besonders." Im kommenden Jahr wird in Deutschland der Bundestag und in Frankreich der Präsident gewählt.

Das russische Vorgehen bringe Hacker-Attacken und Propaganda auf eine Weise zusammen, die westliche Geheimdienste nicht beherrschten, warnte der Cybersicherheits-Forscher Thomas Rid nach der US-Wahl im Magazin Wired. Und solche Aktivitäten würden nur effizienter, je mehr sich die Stimmung in westlichen Demokratien polarisiere. "Der Boden für russische Einfluss-Operationen wird fruchtbarer."

Sorgen, Hacker könnten das Ergebnis der US-Abstimmung durch eine Manipulation der Wahlcomputer beeinflusst haben, bestätigten sich zumindest bisher nicht. US-Sicherheitsbehörden erklärten, sie hätten am Wahltag keine erhöhte Aktivität bei Cyberattacken festgestellt. Die Bedenken sind aber einer der Gründe für die in einigen Bundesstaaten angestrebten Nachzählungen. (kbe)