Trans-Europa-Express

Herstellerverbund für ultraschnelles Laden

Die Autohersteller scheinen verstanden zu haben, dass sie selbst handeln müssen, und versprechen: Ab 2017 und bis 2020 sollen extrem leistungsstarke 350-kW-Säulen an 400 Standorten fertiggestellt sein. Wenn ihre Produkte auf den Markt kommen, sind die CCS-Standorte da

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 34 Kommentare lesen
alternative Antriebe, Elektroautos 7 Bilder
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Christoph M. Schwarzer
Inhaltsverzeichnis

Eine Absichtserklärung. Mehr ist die Mitteilung der Autokonzerne BMW Group, Daimler AG, Ford Motor Company und Volkswagen AG zum Aufbau einer europaweiten Ladeinfrastruktur für Elektroautos vorerst nicht. Ab 2017 und bis 2020 sollen extrem leistungsstarke 350 kW-Säulen an 400 Standorten fertiggestellt sein. Und an jedem dieser Punkte, die sich entlang der wichtigsten Verkehrsachsen befinden sollen, können mehrere Fahrzeuge gleichzeitig Strom beziehen.

Trotz des juristischen Vorbehalts, dass man auf die „Fusionsfreigabe in verschiedenen Jurisdiktionen“ – sprich: auf das Kartellamt – warten müsse, ist die Ankündigung eine sehr gute Nachricht. Der Druck auf die Hersteller ist inzwischen so groß, dass sie handeln müssen. Wenn batterieelektrische Autos (abgekürzt BEV für Battery Electric Vehicle) unter den Labels Audi e-tron oder Mercedes EQ ab 2018 auf die Straße kommen würden, ohne Fernstrecken bewältigen zu können, bliebe den Interessenten nur eine Alternative: Tesla. Und den Neuling aus Kalifornien nehmen die etablierten Autoproduzenten sehr ernst.

Um zu verstehen, wie bedeutsam das geplante Joint Venture ist, muss man zuerst einen Blick auf die Ist-Situation werfen. Bei Tesla ist die Analyse einfach. Es funktioniert perfekt. In ganz Europa. Und so simpel, wie es nur vorstellbar ist: Ran an den Supercharger, einstöpseln, fertig. Die Kommunikation zwischen Auto und Säule erledigt eine Software automatisch. Ab April 2017 müssen Neukunden damit rechnen, für den Strom auch direkt (statt wie bisher indirekt über den Kaufpreis) zahlen zu müssen. Die Details hierzu sind noch nicht bekannt; es darf aber davon ausgegangen werden, dass Tesla die eingeschlagene Linie der maximalen Convenience fortsetzt.

Die Ladeleistung der Supercharger von Tesla beträgt zwischen 120 und 145 Kilowatt. Laden ist kein linearer Vorgang. Es beginnt schnell und endet langsam. In einer Stunde sind darum nicht 120 oder 145 Kilowattstunden im Akku. Ohnehin wird ein erfahrener BEV-Fahrer niemals abwarten, bis ein Batterieladestand (engl.: State Of Charge, SOC) von 100 Prozent erreicht ist. Auf eine Tour zum Beispiel von Hamburg nach Frankfurt (rund 500 Kilometer) plant ein Tesla-Besitzer wahrscheinlich zwei kurze Stopps ein, um ungefähr so viel Strom zu speichern, wie er großzügig berechnet bis zum Ziel braucht.

Bisher keine koordinierte Strategie bei CCS

So weit, so vorbildlich. Das krasse Gegenteil ist die Gleichstrom-Ladeinfrastruktur beim europäischen Combined Charging System. Nirgends gibt es eine verbindliche Übersicht sämtlicher Standorte. Stattdessen organisieren sich die BEV-Besitzer in Portalen wie Going Electric nach der Devise „hilf Dir selbst, sonst hilft Dir keiner”. Viele CCS-Säulen befinden sich auf dem Hof von großstädtischen Händlern, wo sie oft von Vorführwagen zugeparkt sind. Nur wenige sind dort, wo sie hingehören, nämlich an den stark frequentierten Fernstraßen. Wer dabei an das Stichwort SLAM denkt – dazu gleich mehr.