Rohstoff-Förderung ohne Menschen

Der größte Kostenblock bei der Förderung von Öl und anderen Rohstoffen ist menschliches Personal. Bergbau-Unternehmen setzen deshalb zunehmend auf automatisierte Fahrzeuge und Geräte.

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Von
  • Tom Simonite
Inhaltsverzeichnis

Jeder der Lastwagen auf dem Bild ist so groß wie ein zweistöckiges Haus, aber in keinem davon sitzt ein Fahrer oder ein anderer Mensch. Das Bergbau-Unternehmen Rio Tinto nutzt 73 dieser Riesenmaschinen, um in vier Minen im marsroten Nordwesten Australiens 24 Stunden am Tag Eisenerz zu transportieren. Bei der im Bild (oben) gezeigten Mine arbeiten die Robo-Fahrzeuge neben automatischen Steinbohrmaschinen. Außerdem modernisiert das Unternehmen die Lokomotiven, die Eisenerz über hunderte Kilometer zu Häfen bringen – auch die Züge sollen bald autonom fahren und automatisch be- und entladen werden.

Für Rio Tinto ist der automatisierte Betrieb in Australien ein Ausblick auf eine effizientere Zukunft für alle seine Minen, in der menschliche Arbeiter kaum noch benötigt werden. Die zunehmenden Fähigkeiten und sinkenden Kosten von Roboter-Technik versetzen Rohstoff-Unternehmen in die Lage, das schmutzige und gefährliche Fördergeschäft ganz neu zu gestalten.

BHP Biliton, größtes Bergbau-Unternehmen der Welt, nutzt bei seinen Eisenerzminen in Australien ebenfalls fahrerlose Lastwagen und Bohrer. Und Suncor, der größte Ölförderer Kanadas, hat damit begonnen, autonome Lastwagen auf Ölsandfeldern in der Provinz Albert einzusetzen.

"In den letzten Jahren ist Automation weitaus leistungsfähiger geworden", sagt Herman Herman, Leiter des National Robotics Engineering Center an der Carnegie Mellon University. Das Zentrum hat Caterpillar bei der Entwicklung seiner autonomen Fernlastwagen unterstützt. Eingesetzt werden sie in den Minen des Bergbau-Unternehmen Fortescue Metals Group.

Laut Herman lässt sich die Technologie im Bergbau früher einsetzen als in anderen Bereichen wie Transport auf öffentlichen Straßen. "Der Einsatz ist einfacher, weil diese Umgebungen bereits hochgradig reguliert sind", erklärt er. Die fahrerlosen Lastwagen bei Rio Tinto stammen von dem japanischen Hersteller Komatsu. Ihren Weg finden sie mit Hilfe von hochgenauem GPS, Hindernisse erkennen sie mittels Radar und Laser-Sensoren.

Einer der autonomen Förder-Trucks in einer australischen Mine im Einsatz.

(Bild: Rio Tinto / Christian Sprogoe Photography)

Laut Rob Atkinson, Leiter für Produktivitätssteigerung bei Rio Tinto, zahlen sich die Automatisierung der Transportflotte und andere Projekte dieser Art bereits aus. Die fahrerlosen Lastwagen hätten sich als rund 15 Prozent billiger als Fahrzeuge mit Menschen hinter dem Steuer erwiesen – eine erhebliche Einsparung, wenn man bedenkt, dass der Transport mit Abstand den größten Teil der Betriebskosten von Minen ausmacht. "Wir werden diesen Weg so aggressiv wie möglich fortsetzen", erklärt Atkinson.

Autonome Lastwagen können länger am Stück fahren, weil Software weder Schichtwechsel noch Toilettenpausen braucht. Und sie sind besser berechenbar, wenn es um Aufgaben wie das Heranfahren an Laderampen geht. "All die Gelegenheiten, bei denen man durch Inkonsistenzen ein paar Sekunden oder Minuten verliert, summieren sich", sagt Atkinson. Und auch die Sicherheit profitiere von der Roboter-Technik.

Von den autonomen Lokomotiven, die in diesem Jahr ausgiebig getestet und 2018 produktiv eingesetzt werden sollen, werden ähnliche Vorteile erwartet. Auch bei der Wartung der Züge erhofft sich Atkinson Einsparungen, denn Software kann Bremsen und andere Steuerungen konsistenter und sanfter bedienen als Menschen. Als Nächstes könnten Bagger und Bulldozer automatisiert werden.

CMU-Forscher Herman geht davon aus, dass alle großen Bergbau-Unternehmen in den nächsten Jahren stärker auf Automatisierung setzen werden, weil sich die Technik dafür verbessert. Die jüngsten erheblichen Investitionen von Auto- und Technologieunternehmen in autonome Fahrzeuge würden dazu beitragen, die Kosten für Sensoren, Software und andere Technologien zu drücken und ihre Leistungsfähigkeit zu erhöhen.

Laut Herman sind viele Unternehmen der Branche gut dafür positioniert, ihren Betrieb rasch zu automatisieren, weil sie bereits massiv in zentrale Steuersysteme investiert haben. Rio Tinto zum Beispiel lässt seine autonomen Lastwagen von Mitarbeitern von seinem Kontrollzentrum in Perth aus überwachen, mehr als 1000 Kilometer weiter südlich. In dem Zentrum werden bereits heute auch Zugbewegungen geplant. In Zukunft dürften die Instruktionen dazu nicht mehr an Menschen, sondern direkt an fahrerlose Lokomotiven geschickt werden.

(sma)