Maas-Gesetz: Kritik auch aus der Regierungskoalition

Nach heftiger Kritik von Opposition und Digitalverbänden melden sich jetzt auch in den Regierungsparteien die Gegner des Gesetzes gegen Hasskommentare im Internet zu Wort.

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Justizminister Heiko Maas

(Bild: dpa, Paul Zinken)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jürgen Seeger

Eigentlich sollte es ganz schnell, auf jeden Fall aber noch vor der nächsten Bundestagswahl durchgesetzt werden: das von Bundesjustizminister Heiko Maas eingebrachte Gesetz zur Bekämpfung von strafbaren Kommentaren im Internet. Es sieht für Facebook und Co Bußgelder von bis zu 50 Millinen Euro vor, wenn diese nicht innerhalb 24 Stunden "offensichtlich strafbare Inhalte" löschen, und wurde inklusive letzter Änderungen schon im Kabinett abgenickt.

Doch jetzt regt sich Widerstand in den Reihen der Regierungsparteien. Laut einer Vorabveröffentlichung aus dem Spiegel stellen Netzpolitiker der CDU das ganze Konzept des Gesetzes in Frage. Thomas Jarzombek (CDU), netzpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, will laut Bericht nicht, dass "Facebook und Co. weiterhin selbst entscheiden dürften, welche Beiträge gelöscht werden". Er sieht dies als Aufgabe einer staatlich regulierten Behörde wie beim Jugendschutz, will zudem Bot-Beiträge kennzeichnen lassen und ein Recht auf Gegendarstellung installieren.

Ándere Aspekte moniert die Vize-Fraktions-Chefin der SPD, Eva Högl. Ihr geht es vor allem um den "schrankenlosen Auskunftsanspruch" bezüglich der Verpflichtung der Dienstanbieter, die Klartextnamen der Verfasser von Beiträgen herauszugeben. Dazu bedürfe es eines richterlichen Vorbehalts.

Massive Kritik gab es bereits zuvor aus der Digitalwirtschaft und von Bürgerrechtsorganisationen. Der Providerverband eco sieht eine "Löschkultur" am Horizont aufziehen, der ITK-Branchenverband Bitkom warnt davor, "aus wahlkampftaktischen Überlegungen im Hauruck-Verfahren ein handwerklich schlechtes Gesetz zu beschließen, bei dem heute schon klar ist, dass es mehr Schaden als Nutzen erzeugt". Und die NGO Reporter ohne Grenzen, hauptsächlich mit Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit in autokratischen Systemen befasst, spottete bereits: "Autokraten und Diktatoren aller Welt könnten sich die Auflistung zum Vorbild nehmen, um mit ähnlichen Vorgaben gegen Journalisten und Oppositionelle vorzugehen."

Auch Juristen übten massiv Kriitk an dem Gesetzesentwurf und bezeichneten es als verfassungs- und europarechtswidrig. Zudem werden "massive Kollateralschäden" befürchtet, weil durch die weitgehende Auskunftspflicht der Betreiber von Diskussionsforen über die Identität der Benutzer künftig missliebige Kritiker von Produktmängeln mit Abmahnungen und Schadensersatzforderungen überzogen werden könnten.

Die Grünen haben mittlerweile einen Gegenentwurf zum Maas-Gesetz vorgelegt (PDF). Mitte März hatte MdB Renate Künast schon bedauert, der Entwurf gehe nicht weit genug, da er "sich nur auf strafbare Inhalte [beziehe]." Dabei blieben viele Absender mit ihren Formulierungen absichtlich in einem Graubereich. Der netzpolitische Sprecher der Grünen, Konstantin von Notz, nannte den Entwurf unausgegoren. Zudem sei man mit den letzten Änderungen wieder vor den Internetkonzernen eingeknickt, so der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Dieter Janecek. Er meint damit den Passus: "Bei einem einmaligen Verstoß kann regelmäßig noch nicht davon ausgegangen werden, dass kein wirksames Verfahren für den Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte vorgehalten wird." Schon den Ersttäter soll nach grünem Rechtsverständnis die volle Härte des Gesetzes treffen. (js)