Probefahrt mit dem Opel Ampera-e

Gerade mal einen Tag nachdem Opel den Verkaufsbeginn und die Preise für sein kommendes Elektroauto Ampera-e für Deutschland bekannt gegeben hat, konnten wir den Wagen in Norwegen ausgiebig Probe fahren.

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Probefahrt mit dem Opel Ampera-e
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Stefan Porteck
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Norwegen hatten die Rüsselsheimer sicher nicht zufällig als Ort für eine Testfahrt gewählt: Unter anderem dank finanzieller Anreize und einer besseren Ladeinfrastruktur trifft man im norwegischen Straßenbild bereits heute oft auf Elektroautos. Dort wurde der Ampera-e im Dezember 2016 eingeführt und laut Opel bisher 4000 Mal bestellt.

Der Opel Ampera-e teilt sich die Plattform mit dem Chevrolet Bolt. Von außen vermittelt er, was er sein will: Ein Alltagsauto ohne großen Schnickschnack. Mit 4,16 Metern ist er nicht ganz so lang wie ein Golf; die Breite beträgt 1,85 Meter und die Höhe 1,59 Meter. Trotz der kompakten Abmessungen empfanden wir das Raumangebot auf allen fünf Sitzplätzen angenehm und hatten ausreichende Beinfreiheit. Die Sitzposition ist aufgrund der im Boden verbauten Batterien recht hoch.

Opel Ampera-e (10 Bilder)

Trotz der abfallenden Dachlinie haben Passagiere im Fond ausreichend Kopffreiheit.

Bequeme und beheizte, aber nur manuell verstellbare Sitze, ein 10,2"-Touchscreen für Navigation und Infotainment sowie ein 8"-Fahrerdisplay beherrschen den Innenraum. Von futuristischen Design-Spielereien hat Opel abgesehen. Die Materialien versprühen zwar keinen Oberklasse-Charme, sind aber gut verarbeitet: In unserem Test knarzte und klapperte auch auf Schlaglochpisten nichts.

Eine Besonderheit ist die in diesem Fahrzeugsegment große Kapazität von 60 kWh. Wie auch weitere Teile der Antriebstechnik und das Entertainmentsystem werden die Akkus von LG geliefert. Sie setzen sich aus 288 Lithium-Ionen-Zellen verpackt auf 96 Zellpakete zusammen. Insgesamt bringt der Stromspeicher 430 Kilogramm auf die Waage.

Die üppigen Akkus verhelfen dem Ampera-e nach NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) zu einer Reichweite von 520 Kilometern – das ist deutlich mehr als die meisten anderen Elektrofahrzeuge der Mittelklasse erreichen. Diese Werte dienen aber letztlich nur dem Vergleich, denn als besonders realistisch gilt der NEFZ nicht. Nach dem aussagekräftigerem WLTP-Fahrzyklus (Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure) soll der Wagen immerhin 380 Kilometer durchhalten.

Zumindest bei unserer überwiegend außerorts gefahrenen Testroute lagen wir bei ähnlichen Werten. Reichweitenangst braucht man beim Ampera-e also offenbar nicht zu haben. Während unserer Tour haben wir – anders als bei anderen E-Auto-Testfahrten – nach einigen Kilometern die Reichweitenanzeige nicht mehr ständig im Blick behalten.

Der Elektromotor hat eine Leistung von 150 kW (204 PS) und erreicht ein maximales Drehmoment von 360 Nm. Damit liegt er auf Augenhöhe mit dem BMW i3 und ist im Sprint auf 100 km/h mit 7,3 Sekunden rund ein bis drei Sekunden schneller als die Konkurrenz von Nissan, Renault und VW. Auf unserer rund 250 Kilometer langen Testfahrt empfanden wir den Ampera-e entsprechend agil: In den Bergen rund um Oslo konnten wir auch bergauf gefahrlos zum Überholen ansetzen. Das Leergewicht von mehr als anderthalb Tonnen machte sich nicht negativ bemerkbar. Bei schnellen Kurven und Lastenwechseln kam dem Opel der niedrige Schwerpunkt der Batterien zu Gute. Die Höchstgeschwindigkeit ist zugunsten der Reichweite auf 150 km/h begrenzt.

Der Ampera-e kann ab Juni in Deutschland Probe gefahren werden.

Fährt man den Ampera-e in der Fahrstufe "D" (Drive), entspricht seine Charakteristik der eines Verbrenners mit Automatikgetriebe. Besonders ist der Modus "L" (Low): Nahmen wir den Fuß vom Gaspedal, rekuperierte das Fahrzeug deutlich stärker als andere Elektroautos – in etwa vergleichbar mit einem merklichen Tritt auf die Bremse – und kam schließlich auch zum Stillstand. Die stärkere Energierückgewinnung erhöhte auf unserer Testfahrt die Reichweite merklich und sorgte dafür, dass wir über eine Strecke von 150 Kilometern nicht einmal auf die Bremse treten mussten. Dieser von Opel "One Pedal Driving" bezeichnete Fahrmodus ist nach kurzer Eingewöhnung angenehm zu fahren. Wer will, kann die Stärke der Energierückgewinnung über eine Wippe am Lenkrad an eigene Wünsche anpassen.

Trotz der hügeligen Landschaft und unserer etwas zügigeren Fahrweise, lag der durchschnittliche Verbrauch am Ende der Tour bei 15,3 kWh/100 km – ein ordentlicher Wert, der etwa dem des Renault Zoe und des Nissan Leaf bei unseren bisherigen Testfahrten entspricht. Die Restreichweite prognostizierte der Ampera-e auf knapp 170 km. Wir hätten die bei dem Verbrauch rechnerische Reichweite von 400 Kilometern voraussichtlich geschafft.

Geladen wird der Ampera-e an Wechselstrom mit maximal 7,4 kW. An CCS-Ladesäulen (Combined Charging System) sind bis zu 50 kW möglich. Hier reicht laut Opel eine Ladedauer von 30 Minuten aus, um dem Akku für weitere 150 Kilometer zu laden. Wie lange dort das vollständige Aufladen dauert, konnten wir nicht ausprobieren. Je nach Temperatur und Restladung dürfte schätzungsweise eine Stunde vergehen.

Zuerst soll die von uns gefahrene "First Edition" in limitierter Auflage auf den Markt kommen. Das Modell enthält unter anderem eine Metallic-Lackierung, Frontkamera mit Abstandsanzeige und Verkehrsschilderkennung, Rückfahrkamera inklusive Spurwechsel-, Rückfahr- und automatischem Park-Assistenten. Dazu kommen IntelliLink-e-Infotainment mit Bose-Sound-System und den Telematikdienst Opel OnStar.

Gemessen an der Reichweite, der Ausstattung und der Batterie-Garantie von 160.000 km beziehungsweise acht Jahren hätte der Ampera-e wahrscheinlich das Zeug zum Verkaufsschlager. Doch draus dürfte zumindest bis 2019 nichts werden: Produziert wird der Wagen im US-amerikanischen GM-Werk Orion/Michigan. Und dort scheint General Motors dem Chevy Bolt klar den Vorzug zu geben. Opel selbst spricht von einer limitierten Produktverfügbarkeit, nennt aber keine Stückzahlen.

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Hinweis: Opel hat den Autor nach Norwegen eingeladen und Reisekosten übernommen. (spo)