Künstliche Intelligenz berechnet die Schönheit

Start-ups und Forscher setzen künstliche Intelligenz ein, um die Schönheit von Bildern vollautomatisch zu beurteilen. Technology Review zeigt einige der Ergebnisse.

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Künstliche Intelligenz berechnet die Schönheit

Welche Bilder halten Menschen mit hoher Wahrscheinlichkeit für schön? Algorithmen geben darauf eine Antwort.

(Bild: Rafael / EyeEm)

Lesezeit: 3 Min.
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TR 6/2017

Schönheit, dieser schillernde, schwer fassbare Begriff, der alle Aspekte des menschlichen Daseins berührt, der Philosophen und Künstler seit Jahrtausenden beschäftigt, wird von Algorithmen auf eine nackte Zahl reduziert. Ist das nun die endgültige Vermessung der Welt? Oder eher Vermessenheit, fragt Technology Review in seiner aktuellen Juni-Ausgabe (jetzt im Handel und im heise shop erhältlich). Das Magazin zeigt daher einige Beispiele, was dabei heraus kommt, wenn neuronale Netze den "ästhetischen Wert" von Bildern berechnen.

Ein guter Teil der Beispiele stammt von dem Online-Bilderdienst EyeEm. Das Berliner Start-up nutzt diese Software, um besonders attraktive Bilder prominent zu platzieren. Denn die Foto-Community, die nach eigenen Angaben weltweit 20 Millionen Mitglieder umfasst, besteht aus Profis und ambitionierten Amateuren. Die wollen sich nicht nur gegenseitig von ihrem Können überzeugen, sie bieten ihre Fotos auch zum Verkauf an.

EyeEm ist zwar das erste Unternehmen, das diese Technik für den Massenmarkt anbietet. Der Bilderdienst ist aber bei Weitem nicht der einzige Akteur auf diesem Gebiet. Seit Jahren forschen Wissenschaftler und Unternehmen daran, neuronalen Netzen einen Sinn für Schönheit beizubringen.

Rossano Schifanella von der Universität Turin sowie Miriam Redl und Luca Maria Aiello von Yahoo Research wollten unentdeckte Schätze in den gigantischen Bildarchiven des Internets heben. "Dabei geht es nicht um Schönheit im philosophischen Sinne", sagt Schifanella. "Es geht darum, Bilder zu finden, die Menschen mit hoher Wahrscheinlichkeit für schön halten."

Die Forscher entschlossen sich, bestimmte Eigenschaften zur Bewertung der Bilder vorzugeben. "Das bildet fotografische Regeln ab", sagt Redl. "Wo das Motiv platziert wird, ob der Fotograf die Drittel-Regel beachtet hat, wie scharf die Objekte im Vordergrund sind – all die Dinge, die Fotografen sich typischerweise ansehen, wenn sie ein Foto beurteilen." Mit den Daten für rund neun Millionen Fotos trainierten sie ein neuronales Netz, das dann noch unbekannte Fotos des Online-Dienstes Flickr ästhetisch bewerten sollte.

Die Vermessung der Schönheit (5 Bilder)

Auf Flickr ist dieses Bild von Alex Campos von niemandem als Favorit gewählt und daher kaum beachtet worden. Ein neuronales Netz hat es aufgespürt.
(Bild: Alex Campos / Flickr)

Ihre Bemühungen fruchteten. Die Software fand tatsächlich Bilder, die qualitativ gut waren, aber nur von ein oder zwei Flickr-Usern als Favorit bewertet wurden. Zur Kontrolle hatten die Forscher Menschen gebeten, die vom Computer als gut eingestuften Bilder ebenfalls zu bewerten. Ihr Urteil fiel im Schnitt um ein Prozent besser aus als die durchschnittliche Bewertung von besonders populären Flickr-Bildern. Der Computer hatte wie erhofft verborgene Schätze gefunden.

(jle)