Fahrverbot in München: Kritik und Lob

Das für München angedachte Fahrverbot für Autos mit Dieselmotor, die die Abgasnorm Euro 6 nicht einhalten, schlägt hohe Wellen. Lob und Kritik kommen aus den erwartbaren Richtungen. Die bayrische Landesregierung hält sich derzeit noch zurück

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BMW i3

(Bild: BMW)

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Von
  • Martin Franz

BMW beschäftigt allein in München rund 42.000 Mitarbeiter. Ein solch prominenter Arbeitgeber wird bei Entscheidungen dieser Tragweite seinen Einfluss geltend machen.

(Bild: BMW)

Das für München angedachte Fahrverbot für Autos mit Dieselmotor, die die Abgasnorm Euro 6 nicht einhalten, schlägt hohe Wellen. Lob und Kritik kommen aus den erwartbaren Richtungen. Die bayrische Landesregierung hält sich derzeit noch zurück. Am Wochenende werde sich Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) mit den zuständigen Ressortministern zusammensetzen. „Ziel ist es, ein Maßnahmenpaket vorzulegen, damit die zum Gesundheitsschutz notwendige Absenkung der Stickstoffdioxidwerte erreicht und gleichzeitig aber auch Berufs-, Versorgungs- und Individualverkehr gewährleistet werden“, sagte ein Sprecher der Landesregierung. Für ein solches Maßnahmenpaket seien auf allen Ebenen und bei allen Beteiligten nachhaltige Anstrengungen notwendig, „damit Fahrverbote vermieden werden können“.

Ob sich die tatsächlich vermeiden lassen, scheint derzeit allerdings fraglich. Denn ein Fahrverbot ist zwar unpopulär und damit auch politisch ungeliebt, wäre aber ein einfacher Weg, um Aktionismus vorzutäuschen. Damit ließe sich das Problem ein Stück weit in die Zukunft verlagern. Mit jedem Jahr mehr sinkt die Zahl jener Diesel, die die Abgasnorm Euro 6 nicht erfüllen. Mit ihr wurde der Stickoxid-Ausstoß um 100 auf nun 80 mg/km gesenkt. Auch wenn der Zeitpunkt momentan noch weit weg ist: Irgendwann ist die Zahl der Diesel, die maximal die Abgasnorm Euro 5 schaffen, so gering, dass diese Einzelfälle für die große Politik, gemessen in Wählerstimmen, nicht mehr interessant ist.

BMW und der Verband der Automobilindustrie (VDA) lehnen die Pläne für ein Diesel-Fahrverbot in ganz München ab. Grüne Welle und besserer Verkehrsfluss allein könnten den Stickoxid-Ausstoß schon um ein Drittel senken. „Um die Luftqualität in den Städten zu verbessern, gibt es intelligentere und schneller wirkende Maßnahmen als Fahrverbote“, erklärten sie am Mittwoch (14. Juni 2017) unisono. Auch sollten Busse und Taxis im städtischen Verkehr durch modernste Fahrzeuge ersetzt werden, schlug der VDA vor.

Statt „vorschneller Einzellösungen“ mit einem Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen sollte es zumindest bundesweit abgestimmte Regelungen geben, sagte ein Konzernsprecher. Damit ist realistischerweise keineswegs vor der Bundestagswahl zu rechnen, denn bei diesem Thema gibt es für die großen Volksparteien in ihrer Anhängerschaft kaum etwas zu gewinnen. BMW-Vorstandschef Harald Krüger hatte auf der Hauptversammlung vor vier Wochen auch gemahnt: „Bestrafen wir nicht Hunderttausende Besitzer älterer Dieselfahrzeuge durch pauschale Fahrverbote.“ BMW beschäftigt in München mehr als 42.000 Mitarbeiter, im Werk München wurden im vergangenen Jahr 217.000 Autos gebaut.

Handwerk, Industrie und Handel in Bayern lehnten die Pläne ab. Waren könnten nicht mehr angeliefert werden und viele Pendler könnten ihren Arbeitsplatz nicht mehr erreichen, weil der öffentliche Nahverkehr überfordert sei, warnten die Verbände. Ein Drittel der oberbayerischen und die Hälfte der Münchner Handwerksbetriebe wären in ihrer Existenz bedroht, sagte der Sprecher der Handwerkskammer München und Oberbayern, Jens Christopher Ulrich. Das Dieselverbot wäre „eine Katastrophe“. Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft warnte vor einem massiven Schaden für die Wirtschaft des Landes.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace begrüßte dagegen den Vorstoß: „Endlich ist einem Bürgermeister die Gesundheit der Menschen wichtiger als freie Fahrt für schmutzige Diesel.“ Nach Ansicht des Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, sind mögliche Diesel-Fahrverbote in München eine Folge der Politik des Bundesverkehrsministers Alexander Dobrindt (CSU), der „weiter den Abgasbetrug von Autokonzernen“ decke.

(mit Material der dpa)

(mfz)