Ost-Innenminister bringen gemeinsames Abhörzentrum auf den Weg

Ein gemeinsames Abhörzentrum soll die Sicherheitsbehörden in Ostdeutschland effizienter machen. Nicht nur Datenschützer haben da Bedenken. Es gehe nicht darum, den "rechtstreuen Bürger auszuschnüffeln", versucht Sachsens Innenminister Ulbig zu beruhigen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 118 Kommentare lesen
Ost-Innenminister bringen gemeinsames Abhörzentrum auf den Weg

(Bild: SMI/Facebook)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • dpa
Inhaltsverzeichnis

Im Kampf gegen Terror und schwere Straftaten haben fünf ostdeutsche Innenminister und -senatoren die Schaffung eines gemeinsamen Abhörzentrums einen Schritt weitergebracht. Vier der Innenressortchefs unterzeichneten dazu am Mittwoch in Leipzig einen Staatsvertrag: Markus Ulbig (CDU, Sachsen), Holger Stahlknecht (CDU, Sachsen-Anhalt), Karl-Heinz Schröter (SPD, Brandenburg) und Andreas Geisel (SPD, Berlin).

Einzig Thüringens Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) unterschrieb nur eine Absichtserklärung. Der Innenausschuss des Landtags müsse sich erst noch mit dem Thema befassen, sagte er. Die Thüringer CDU warnte daher vor einem Scheitern des Projekts. Datenschützer meldeten Bedenken an.

Das Abhörzentrum – offiziell Gemeinsames Kompetenz- und Dienstleistungszentrum (GKDZ) genannt – soll Ende 2019 in Leipzig in Betrieb gehen. Darin soll die polizeiliche Kommunikationsüberwachung der fünf Länder gebündelt werden. "Es geht nicht darum, den rechtstreuen Bürger auszuschnüffeln", sagte Sachsens Innenminister Martin Ulbig (CDU). Vielmehr solle das Zentrum aktiv werden, wenn es um schwere Straftaten wie Terrorismus, Mord, Vergewaltigung, Kinderpornografie oder organisierte Kriminalität gehe. 15,8 Millionen Euro sollen in den kommenden fünf Jahren dafür investiert werden.

Von der Zentrale aus sollen Messenger-Dienste mitgelesen und Telefonate abgehört werden können. Die Entscheidung, ob eine Telekommunikationsüberwachung angeordnet wird, soll künftig weiter bei den Landesbehörden liegen. Die Daten sollen strikt nach Ländern getrennt gespeichert werden.

Durch die Kooperation erhoffen sich die Innenminister eine effizientere Aufklärungsarbeit. Fast elf Millionen Euro will man mit dem Zentrum einsparen. Gemeinsam sei es leichter, die Technik auf dem aktuellen Stand zu halten, hieß es. Zudem finde man für ein einziges Zentrum leichter Personal. "Wir stehen nicht mehr im Wettbewerb um die besten Köpfe", sagte Brandenburgs Innenminister Schröter. Maximal 50 Menschen sollen später in der Anstalt des öffentlichen Rechts arbeiten. Teils würden dafür Polizisten weitergebildet, teils gezielt IT-Experten angeworben.

Die Thüringer CDU fürchtet, dass das Projekt kippen könnte. "Es ist keine Lappalie, wenn vier Länder unterschreiben und der Thüringer Innenminister lediglich eine Absichtserklärung zeichnet", sagte der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Wolfgang Fiedler. Die fehlende Unterschrift belege "handfeste Differenzen über Kernfragen der inneren Sicherheit" innerhalb der rot-rot-grünen Koalition. Der MDR berichtete, dass mindestens drei Abgeordnete der Grünen dem Zentrum nicht zustimmen wollen.

Thüringens Datenschutzbeauftragter Lutz Hasse wiederum vermisst Informationen über praktische Details des geplanten Abhörzentrums. Dabei gehe es beispielsweise um die eingesetzte Hard- und Software und Zugriffsberechtigungen. Auch aus Sachsens Linksfraktion kamen Einwände. Der Landtag sei bei dem Thema bislang außen vor. Gutachten unter anderem zu den genauen Aufgaben des Zentrums würden dem Landtag vorenthalten.

Das Abhörzentrum ist ein Ergebnis der Sicherheitskooperation Ost, die vor 15 Jahren in Leipzig zunächst von den Landesregierungen in Dresden, Magdeburg und Erfurt vereinbart worden war. Brandenburg kam 2004 dazu, Berlin 2015. (vbr)