Diesel-Rabattschlacht – bis zu 10.000 Euro von VW

Deutschlands Autohersteller haben sich mit Dieselaffäre und Kartellverfahren in die schwierigste Situation seit Jahrzehnten manövriert. Fahrverbote drohen, neue Dieselautos verkaufen sich nicht mehr gut. Die Industrie reagiert mit einer Art Sommerschlussverkauf

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Diesel-Rabattschlacht - VW bietet bis zu 10.000 Euro
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Von
  • Carsten Hoefer, dpa

Auch Daimler versucht, den Verkauf anzukurbeln. Ein Smart ED wird bezuschusst.

(Bild: Daimler)

Die deutsche Autoindustrie liefert sich angesichts drohender Fahrverbote und sinkender Zulassungszahlen neuer Dieselautos eine Rabattschlacht. Volkswagen übertraf seine Konkurrenten heute mit der Ankündigung, Besitzern alter Dieselautos Preisnachlässe von bis zu 10.000 Euro gewähren. Das Angebot richtet sich an alle Fahrer eines beliebigen Diesel-Fahrzeugs der Abgasnormen Euro 1 bis Euro 4, die einen Euro 6-Neuwagen von VW oder Audi kaufen. Ähnliche, aber niedrigere Rabatte und Zuschüsse hatten zuvor bereits Ford, BMW und Toyota angekündigt. Daimler präzisierte derweil die Umtauschprämie, die 2000 Euro betragen soll.

Hinter den Preisnachlässen verbirgt sich eine Abwrackprämie auf Konzernkosten: Entscheidet sich ein Kunde für den Rabatt, lässt VW den alten Wagen verschrotten. Damit will Volkswagen verhindern, dass der Verkaufswert gebrauchter Diesel in den Keller rauscht. „Damit entlasten wir den Markt“, sagte Deutschland-Vertriebs- und Marketingchef Thomas Zahn in einer Telefonkonferenz am Dienstag (8. August 2017). Mit der Prämie nehme man Fahrzeuge aus dem Gebrauchtwagenmarkt, das hebe tendenziell die Preise. Das ist nach den Worten des VW-Managers ein Ziel der Aktion.

Daimler bietet den Besitzern alter Dieselfahrzeuge eine Umtauschprämie von 2000 Euro, wenn sie ein neues Mercedes-Benz-Fahrzeug kaufen. Für einen Smart Electric Drive gibt es 1000 Euro. Die Prämie bekommen Besitzer von Diesel-Autos aller Marken mit den Abgasnormen Euro 1 bis Euro 4, wenn sie bis Ende des Jahres einen neuen Mercedes-Diesel mit Euro-6, Plug-in-Hybride oder einen elektrischen Smart kaufen. Die alten Autos müssen mindestens sechs Monate auf die aktuellen Besitzer zugelassen sein.

Nicht nur für Dieselfahrer, auch für die Bilanzen der Autohersteller ist die Entwicklung der Restwerte wichtig. Denn wegen vieler Leasingverträge entsteht den Unternehmen ein Risiko, wenn der Verkaufswert von Gebrauchtwagen sinkt – sie sind de facto Eigentümer der geleasten Autos. Für den Erwerb von Autos mit alternativen Antriebsarten wie Erdgas- oder Elektromotor stellt Volkswagen zudem je bis zu 2380 Euro in Aussicht. Die beiden Rabatte gelten bis Ende 2017.

Der Wolfsburger Konzern hatte vergangene Woche nach dem Berliner Dieselgipfel Umstiegsprämien für alle seine Marken angekündigt. Die Anzahl der für die „Umstiegsprämie“ in Frage kommenden Fahrzeuge beläuft sich nach Angaben des Kraftfahrtbundesamts auf 6,4 Millionen Autos in Deutschland mit den Abgasnormen Euro-1 bis Euro-4, wie Zahn sagte. Mit welchen Gesamtkosten Volkswagen für die Aktion rechnet, wollte Marken-Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann nicht genau sagen. Es handele sich aber um einen „bedeutenden“ Millionen-Euro-Betrag.

Fachleute gehen davon aus, dass die Rabattaktionen die Zulassungszahlen neuer Diesel stützen sollen. So ging allein in Bayern die Zahl neu angemeldeter Diesel im ersten Halbjahr um über sechs Prozent zurück, obwohl die Autoverkäufe insgesamt zulegten.

Der Umweltexperte der Grünen kritisierte den Kurs: „Die Abwrackprämie von VW dient wohl eher der Dieselabsatzförderung als dem Umweltschutz“, sagte er laut Mitteilung. „Wenn VW wirklich etwas für saubere Luft in Städten tun will, sollte der Autobauer eine kostenlose Hardware-Nachrüstung für Euro 5 und 6 anbieten.“ (fpi)