Purple Haze

Klassiker: Jaguar E-Type 1966 John Coombs

Angeblich soll nur noch dieser eine vom ehemaligen britischen Rennfahrer John Coombs frisierte E-Type existieren. Äußerlich völlig unauffällig zeigt der Wagen, dass Tuning weder Spoiler noch Tieferlegung braucht. Ein Glücksfall angesichts seiner natürlichen Grazie

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Klassiker 19 Bilder
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Wolfgang Gomoll

Wer bei „Purple Haze” Jimi Hendrix's Klassiker von 1967 an raue, laute Gitarrenriffs denkt, liegt wenigstens im Fall der Akustik nicht völlig falsch. Mit „Purple Haze” ist zwar in diesem Fall die Farbe eines Jaguar E-Type gemeint und der Wagen wurde bereits 1966 gebaut, doch klingt auch er einigermaßen emotional: jenseits 3000 Touren entfesselt der 4,2-Liter-Sechszylinder einen Orkan aus anschwellendem, sonorem Sägen und basslastigen Untertönen. Geht man von Gas, sprotzt es lautstark, inklusive Stichflammen beim Herunterschalten. Allein der Klang lässt vermuten, dass es sich hier um ein außergewöhnliches Exemplar handelt, äußerlich gibt der Wagen keine Hinweise auf eine Verschärfung.

Der Erstbesitzer dieses Autos, der Neuseeländer Barry Messiter, soll 1966 direkt vom Jaguar-Werk zu John Coombs gefahren sein, soll ihm die Schlüssel seines eben erworbenen Autos in die Hand gedrückt und ihm den kurzen Auftrag gegeben haben, mehr aus dem E-Typ herauszuholen – passend zur extrovertiert-violetten Lackierung „Purple Haze”. Angeblich soll nur noch dieser eine vom ehemaligen britischen Rennfahrer John Coombs frisierte E-Type existieren. Er hatte sich auf Jaguar-Modelle spezialisiert und sich in den 1960er Jahren einen guten Ruf erworben.

Die drei Glockenhüte durften bleiben

Im Zylinderkopf wurden Ein- und Auslasskanäle überarbeitet, damit sich die erweiterte Ventilüberschneidung durch geänderte Nockenprofile voll auswirken kann. Dem gleichen Ziel dient ein Fächerkrümmer. Durch diese drei Maßnahmen kann der Motor mehr Gas ein- und ausatmen, die Leistung steigt. Es bleibt aber bei den drei serienmäßigen Gleichdruckvergasern mit ihren charakteristischen Glockenhüten, die nur neu bedüst werden mussten. Schwungrad und Kurbelwelle erleichterten die Techniker um insgesamt rund neun Kilogramm und wuchteten sie danach fein. Diese Erleichterung der rotierenden Massen mobilisiert zwar keine zusätzliche Kraft, dient aber dem spontaneren Hochdrehen.

Nominell leisteten die E-Types mit 4,2 Liter Hubraum 269 PS, tatsächlich soll es etwas weniger gewesen sein. Heute mag es ein wenig irritieren, dass der rot markierte Drehzahlbereich schon bei 5000/min beginnt, doch der Reihensechszylinder ist ein hochelastischer Langhuber, der deshalb auch keine höhere Drehzahl benötigt. Dafür lässt er sich schaltfaul mit niedrigen Drehzahlen fahren.

Das Fahrwerk wurde geringfügig angepasst, um die Kraft auf die Straße zu bringen. Koni-Dämpfer und stärkere Federn im Heck verhelfen dem E-Type zu besserer Dynamik, ohne jedoch den Komfort komplett zu vernachlässigen. Auf den grauen Ledersitzen reist es sich bequem und die längsverstellbare Lenkradsäule lässt eine sehr gute Sitzposition zu. Die steile Windschutzscheibe hat man direkt vor dem Gesicht und die Sicht in die nächste Kurve ist dank ihrer weit herumgezogenen Enden phantastisch. So etwas gibt es heute nicht mehr. Leider.

Jeder weitere Gang wäre überflüssig

Wie es sich für einen Sportwagen gehört, sind die Pedale extrem eng nebeneinander aufgereiht: Hacke-Spitze beim Zwischengas-Bremsen beim Runterschalten ist kein Problem. Die knackig-präzise Viergangschaltung – jeder Gang mehr wäre bei der Elastizität des Motors überflüssig – unterstützt die schnellen Gangwechsel mit kurzen Wegen. Nickt der E-Type beim starken Bremsen vorne ein, beginnt das rundliche Heck zu tänzeln. Mangels Servo-Unterstützung ist die Lenkung stark übersetzt und dadurch indirekt, doch legt sich der Hecktriebler mit Begeisterung in die Kurve.

Der 52 Jahre alte Sportwagen-Klassiker hat auch heute nichts von seinem einzigartigen Flair verloren. Schlichte Rundinstrumente und einfache Kippschalter zeigen, dass die ganzen Interieur-Moden bis heute keinen erkennbaren Fortschritt bei der Ergonomie gebracht haben. Einen dezenten Hinweis auf die gehobene Zielgruppe bietet im Übrigen der Zigarettenanzünder: Statt "Cigarette" steht da "Cigar". (fpi)