Meilenstein auf dem Weg zum Treibstoff aus CO2

Einem Start-up ist mit Unterstützung des Karlsruher Instituts für Technologie ein entscheidender Schritt auf dem Weg zum klimafreundlichen Brennstoff gelungen.

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Treibstoff aus CO2

Tim Böltken (ganz links) hat mit seinem Team die ehemals haushohe Anlage für die Fischer-Tropsch-Synthese geschrumpft.

(Bild: KIT)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Rainer Kurlemann
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TR 11/2017

(Bild: 

Technology Review 11/2017

)

Dieser Artikel stammt aus der neuen November-Ausgabe von Technology Review. Das Heft ist seit 12. Oktober im Handel erhältlich und im heise shop bestellbar.

Seit langem versuchen Forscher, aus CO2 Alternativen zu Erdöl und Erdgas herzustellen, um Heizungen zu befeuern und Autos anzutreiben. Ein entscheidender Schritt dafür ist die 100 Jahre alte Fischer-Tropsch-Synthese. Doch sie war bisher nie wirtschaftlich. Nun ist dem Karlsruher Unternehmen Ineratec ein entscheidender Fortschritt gelungen, berichtet Technology Review in seiner neuen November-Ausgabe (jetzt im gut sortierten Zeitschriftenhandel und im heise shop erhältlich).

Das Team von Ineratec schrumpfte den Reaktor für die Synthese von zwölf Metern Höhe und zwei Metern Durchmesser auf einen Würfel mit 50 Zentimetern Kantenlänge. Wo bisher eine kleine chemische Fabrik gebaut werden musste, liefert Ineratec jetzt einen Container mit dem fertigen Equipment. Der neuartige Reaktor besteht in seinem Inneren aus vielen Lagen dünner Bleche, die die Ingenieure mit Mikrostrukturen versehen und zu einem Block verschweißt haben. So entsteht eine sehr große Oberfläche, an der die Reaktion des Katalysators mit dem Synthesegas stattfinden kann.

Die Technologie ist bereits serienreif, im Herbst bezieht das Unternehmen eine eigene Produktionshalle. Dort werden für Industriekunden die ersten Anlagen in Containergröße gebaut. Wer die Kunden sind, will der Geschäftsführer Tim Böltken aber noch nicht verraten. Mit ihrem aktuell größten Modul können die Karlsruher 1.600 Liter Sprit am Tag herstellen, zehn Kompaktreaktoren arbeiten dann in einem Container. "Es gibt viele industrielle Prozesse, bei denen als Abfallprodukt Synthesegas entsteht, das oft einfach abgefackelt wird", sagt Böltken.

Auf nächtlichen Satellitenbildern haben Forscher der Weltbank etwa 16.000 solcher Fackeln entdeckt. Deshalb hat die Organisation eine Initiative gestartet, um diese Energievergeudung bis 2030 einzustellen. Statt klimaschädlichem Kohlendioxid könnte dort wertvoller Treibstoff entstehen.

Um Kohlendioxid direkt für die Treibstoff-Produktion zu verwenden, braucht es allerdings einen zweiten Schritt: Die Karlsruher müssen ihrem Verfahren eine Elektrolyse vorschalten. So würde aus Wasser und CO2 zunächst Wasserstoff und Kohlenmonoxid entstehen – also das genannte Synthesegas. Damit das Verfahren klimafreundlich bleibt, muss der Strom vollständig aus erneuerbaren Energien stammen.

Sunfire-Mitgründer Nils Aldag mit einem Glas "Blue Crude", das allerdings nicht blau ist.

(Bild: Sven Döring / Agentur Focus)

Welchen Wirkungsgrad das gesamte Verfahren hätte, darüber macht das Unternehmen keine Angaben. Als Richtwert kann aber die Aussage des Konkurrenten Sunfire dienen. Er baut mit einer sehr ähnlichen Technologie eine Pilotanlage in Norwegen auf, die jährlich 8000 Tonnen des strombasierten Kraftstoffs Blue Crude herstellen soll. "Aus einer Kilowattstunde Strom entsteht Treibstoff mit einem Brennwert von 0,7 Kilowattstunden", meint Chief Commercial Officer Rolf Aldag. Im Vergleich zu Akkus ist zwar auch dieser Wirkungsgrad nicht konkurrenzfähig. Aber weder 40-Tonner noch Flugzeuge oder Schiffe werden in absehbarer Zeit batteriebetrieben sein. Für diese Anwendungen könnte der neue Treibstoff durchaus relevant werden.

Mehr zum Wettlauf um aus CO2 gewonnenem Treibstoff lesen Sie im aktuellen Heft von Technology Review (jetzt im Handel und im heise shop erhältlich).

(jle)