Holpriger Model-3-Start belastet Tesla

Mit einem finanziellen Kraftakt versucht Tesla derzeit, die Massenfertigung des Model 3 auf die Beine zu stellen. Dass das Mammut-Projekt teuer und schwierig würde, war immer klar. Doch wie viel Geld tatsächlich dafür draufgeht, hat einige nun doch überrascht

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Tesla Model 3

(Bild: Hersteller)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Martin Franz

Teslas weg hin zu einem Massenhersteller scheint steiniger als erwartet. Mit einem finanziellen Kraftakt versucht Tesla derzeit, die Massenfertigung seines ersten Mittelklassewagens Model 3 auf die Beine zu stellen. Dass das Mammut-Projekt teuer und schwierig würde, war immer klar. Doch wie viel Geld tatsächlich dafür draufgeht, hat einige nun doch überrascht.

Das Model 3 muss ein Erfolg werden - auch in finanzieller Hinsicht. Andernfalls hat Tesla ein großes Problem.

(Bild: Hersteller)

Am Mittwoch (1. November 2017) nach US-Börsenschluss kam für Tesla mit der Vorlage des Quartalsberichts der Moment der Wahrheit. Für Anleger fiel er ernüchternd aus: Die hohen Kosten für das Model 3, mit dem Musks bislang nur im Luxus-Segment erprobte Firma die breite Masse erobern will, haben Tesla stärker als erwartet in die roten Zahlen gedrückt. Unter dem Strich fiel in den drei Monaten bis Ende September ein Verlust in Höhe von 619 Millionen Dollar an.

Es ist der höchste Fehlbetrag, den Tesla seinen Aktionären bislang in einem Quartal zugemutet hat. Am Markt kam die Nachricht nicht gut an. Die Aktie fiel nachbörslich um fünf Prozent. Dass der Umsatz um 30 Prozent auf rund 3 Milliarden Dollar und damit stärker als angenommen zulegte, konnte an der verschnupften Börsenreaktion nichts ändern.

Trotz der immensen Investitionen und der überraschend hohen Verluste bleibt unklar, ob und wann Tesla die Startschwierigkeiten bei der Produktion des Model 3 in den Griff bekommt. Musk musste eingestehen, dass seine Fertigungsziele nicht einzuhalten sind. Statt Ende des Jahres sollen nun erst spät im ersten Quartal 5000 Fahrzeuge pro Woche vom Band laufen.

Mit lediglich 260 hergestellten Model 3 verfehlte Tesla seine Ziele im dritten Quartal massiv. Im Brief an die Aktionäre hieß es, der Anlauf der Massenproduktion sei eine Herausforderung, die Fertigung werde aber stetig erhöht. „Wir machen weiter Fortschritte, die anfänglichen Engpässe zu lösen“. Es sei aber schwer, vorauszusagen, wie lange es dauern werde, die Probleme zu bewältigen, so Musk. Bereits im Oktober hatte er gewarnt: „Wir stecken tief in der Produktionshölle.“

Dennoch bemühte sich Musk in der obligatorischen Telefonkonferenz nach Veröffentlichung der Quartalszahlen um Optimismus. „Ich war wirklich deprimiert vor drei oder vier Wochen“, räumte Musk zwar ein. Doch: „Nun habe ich wieder einen klaren Weg zur Sonne vor Augen.“ Seinen Kritikern hielt Musk entgegen, dass die 2003 gegründete Firma die Auslieferungen in den letzten fünf Jahren von 2500 auf 250.000 Autos erhöht habe. Die „Skeptiker da draußen“ frage er, wer von ihnen das habe kommen sehen. „Ich nehme an keiner.“

Experten zeigten sich wenig beeindruckt. Nicht nur die Entwicklung beim Model 3 sei enttäuschend, sagte Efraim Levy vom Analysehaus CFRA im US-Finanzsender CNBC. „Auch beim Model S und Model X fielen die Zahlen geringer aus als angenommen.“ Vor allem die Gewinnspannen seien ernüchternd. Die beiden etablierten teuren Modelle, häufig über 100.000 Dollar teuer, trieben bislang das Wachstum von Tesla. Diese Rolle soll künftig dem ab 35.000 Dollar erhältlichen Model 3 zufallen.

Nicht zuletzt wegen der großen Versprechen von Tesla-Chef Musk sind die Erwartungen an Teslas ersten Mittelklasse-E-Auto riesig. Über 500.000 Vorbestellungen gibt es, an der Börse hat die Fantasie vom Durchbruch in den Massenmarkt die Tesla-Aktie über Monate beflügelt. Der Kurs ist seit Anfang des Jahres um über 50 Prozent gestiegen. Zeitweise hatte Tesla – trotz im Vergleich winziger Produktion – gar den Branchenriesen General Motors als wertvollsten US-Autokonzern am Markt abgelöst.

Dabei hat Tesla seit seiner Gründung im Jahr 2003 erst in zwei Quartalen schwarze Zahlen vorweisen können. 2016 behalf man sich dabei auch noch eines Tricks, denn der ausgewiesene Gewinn kam nicht etwa aus dem Auto-Absatz, sondern vom Verkauf von ZEV Credits (Zero Emission Vehicle). Die brauchen Autohersteller, wenn sie Fahrzeuge im US-Bundesstaat Kalifornien Autos verkaufen wollen. Ein Handel mit diesen Credits ist erlaubt. Haben sie selbst keine entsprechenden Angebote, können sie diese von Konkurrenten erwerben. Tesla hat aus naheliegenden Gründe von diesen Credits reichlich in der Schublade.

Tesla wird sich mittelfristig etwas einfallen lassen müssen, denn allein aus der Tatsache, ein Hersteller von Elektroautos zu sein, leitet sich nicht zwingend ein dauerhafter Erfolg ab. Glaubt man den Beteuerungen der etablierten Autohersteller auf der diesjährigen IAA in Frankfurt, bereiten diese gerade den Einstieg in die Elektromobilität im großen Stil vor. In den kommenden Jahren wird Musks Firma also beweisen müssen, ob die Geduld und die hochgesteckten Erwartungen gerechtfertigt waren. Nicht alle sind davon überzeugt.

(mit Material der dpa) (mfz)