US-Magazin: "Tim Cook ist der nächste Steve Ballmer"

Ein Start-up-Experte hat den Steve-Jobs-Nachfolger auf der vielgelesenen Wirtschaftsseite "Quartz" massiv kritisiert. Cook habe zwar die Umsätze Apples signifikant gesteigert, ihm fehlten aber die Visionen.

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Tim Cook im Münsterland

Apple-Chef Tim Cook – hier bei einem Besuch eines deutschen Zulieferers.

(Bild: dpa, Bernd Thissen)

Lesezeit: 3 Min.
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Apple geht es wirtschaftlich blendend: Ein Rekordquartal folgt dem nächsten, der Unternehmenswert nähert sich einer Billion und selbst einst schrumpfende Geschäftsbereiche wie das iPad ziehen wieder an. Ein Autor des populären US-Wirtschaftsmagazins Quartz sieht in dieser Entwicklung allerdings kein gutes Zeichen – insbesondere im Hinblick auf Apples Management.

In einem Artikel, der zum Verkaufsstart des iPhone X erschienen war und aktuell in sozialen Medien verstärkt die Runde macht, schreibt er, die schlechteste Entscheidung des 2011 verstorbenen Apple-Mitbegründers Steve Jobs sei es gewesen, Tim Cook zu befördern.

Cook, der seit August 2011 offiziell Apples CEO ist, nachdem Steve Jobs wegen seiner Erkrankung zurückgetreten war, sei wie Bill-Gates-Nachfolger Steve Ballmer, schreibt der Start-up-Experte Steve Blank, der pikanterweise auch einmal Berater der einst Steve Jobs gehörenden Filmfirma Pixar war. Ballmer habe wirtschaftlich einen "spektakulären Job" für Microsoft gemacht.

Die Umsätze hätten sich verdreifacht und die Gewinne verdoppelt. Wenn es dem Microsoft-Aufsichtsrat darum gegangen sei, von Quartal zu Quartal ein Umsatzwachstum auszuweisen, sei Ballmer der beste CEO gewesen. Für das Langzeitüberleben von Microsoft ließen sich aber Argumente finden, dass Ballmer ein Versager gewesen sei – beispielsweise habe Microsoft im Markt der mobilen Betriebssysteme nur einen Anteil von ein Prozent. Blanks Fazit: Ballmer hätten die Visionen gefehlt.

Genauso sei das nun auch beim Jobs-Nachfolger Tim Cook. Die Parallelen zwischen Cook und Ballmer seien "gespenstisch". Cook sei wirtschaftlich ähnlich erfolgreich. Allerdings setze das iPhone seinen inkrementellen jährlichen Update-Zyklus fort und das einzige echte neue Produkt, das Apple in fünf Jahren hinbekommen habe, sei die Apple Watch gewesen."Und irgendwie schafft es Apple mit seinen 115.000 Mitarbeitern kaum, jährlich neue Varianten seiner Laptop- und Desktop-Computer auf den Markt zu bringen."

Und die Welt sei nun dabei, Apple genauso einer "Disruption" zu unterziehen, wie das bei Microsoft der Fall gewesen sei. Google und Amazon seien dabei, KI-gesteuerte Dienste voranzubringen, die Apps und Hardware antrieben. Dies kann laut Blank Apples iPhone-Dominanz zu Fall bringen. Apple habe mit Siri zwar einen der ersten KI-Assistenten gehabt, dann aber den Anschluss verloren. "Das Problem ist, dass ein Lieferkettenchef, der keine Leidenschaft für Produkte hat und dem es noch nicht gelungen ist, eine persönliche Vision für Apple zu formulieren, nicht in der Lage ist, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um ein revolutionäres Produkt auf den Markt zu bringen", so Blanks Hauptkritik.

Manch ein Marktbeobachter dürfte dieser Beobachtung allerdings widersprechen. So wiederholt Tim Cook fast schon zu häufig seine Einschätzung, wie wichtig der Bereich der Augmented Reality in Zukunft für Apple (und die Menschheit) sein könnte. Zudem ist er in seiner politischen Öffenlichkeitsarbeit signifikant präsenter, als dies Steve Jobs jemals war – auch das kann als visionär gelten. (bsc)