Wer bleibt?

Effizienzvergleich von Antrieben

Wenn Effizienz das einzige Kriterium für die Zukunftsfähigkeit wäre, müsste sich bei Fahrzeugantrieben die Batterie gegen die Brennstoffzelle und synthetisch hergestellte Kraftstoffe durchsetzen. Das rechnet PricewaterhouseCoopers (PwC) vor. Wie wollen wir mit dieser Erkenntnis umgehen?

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Von
  • Christoph M. Schwarzer

Wenn Effizienz das einzige Kriterium für die Zukunftsfähigkeit eines Antriebs wäre, müsste sich das batterie-elektrische Auto durchsetzen. Das rechnet PricewaterhouseCoopers (PwC) vor. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vergleicht in einer Studie Batterie-elektrische Autos (BEV), Brennstoffzellen-elektrische Pkw (FCEV) und solche mit synthetischem Benzin (Synfuel). Das Interessante am Szenario von PwC ist, dass nicht von der aktuellen Herkunft bei Strom aus dem üblichen Mix, Wasserstoff aus Erdgasreformierung und Benzin aus fossilen Quellen ausgegangen wird. Stattdessen blickt PwC weit in die Zukunft, in ein Deutschland, das nicht wie im Oktober zu 44,3 Prozent, sondern komplett aus erneuerbaren Energien versorgt wird. Was wäre, wenn wir unsere Autos ausschließlich mit heimischem Strom betreiben würden?

Effizienzmeister BEV

Bei dieser Überlegung kommt der Wirkungsgradkette eine entscheidende Bedeutung zu. Für ein BEV legt PwC einen Verlust von 30 Prozent in der Well-to-Wheel-Bilanz, also von der Quelle bis zum Rad, zu Grunde. Oder, anders herum, für jede mechanische Kilowattstunde (kWh) müssen 1,4 elektrische kWh produziert werden.

Für ein FCEV ist erheblich mehr notwendig. Wenn der Wasserstoff für ein Brennstoffzellen-elektrisches Auto in einem Elektrolyseur erzeugt, anschließend transportiert, beim Tanken komprimiert und dann an Bord wieder in Strom umgewandelt wird, liegt der Verlust bei 64 Prozent. Um eine kWh mechanische Energie zu haben, müssen demnach 2,8 kWh eingesetzt werden. Faktor Zwei gegenüber dem BEV.

Hoher Energieeinsatz für Synfuel

Als drittes Konzept bringt PwC die vom Verband der Automobilindustrie (VDA) in jüngster Zeit beworbenen synthetischen Kraftstoffe ein. Ein Benzin-ähnliches Synfuel braucht nochmals mehr Strom, um voranzukommen. Von einer Kilowattstunde an der Quelle gehen 89 Prozent verloren. Für eine kWh am Rad sind 8,7 am Ausgangspunkt nötig.

Spätestens an dieser Stelle werden die Proteste laut. Was ist, wenn der Strom fürs BEV vom eigenen Photovoltaik-Dach kommt und der Lieferweg darum extrem kurz ist? Oder wenn der Verbrennungsmotor nicht mit synthetischem Benzin, sondern mit Erdgas aus einem Methanisierungsprozess betrieben wird? Und ist das Papier von PwC nicht offensichtlich zu Gunsten oder Ungunsten eines Antriebskonzepts verschoben? Fraglos lassen sich hier abweichende Wirkungsgradketten darstellen, die aber nichts an der grundsätzlichen Reihenfolge ändern.

Sektorkopplung erzwingt höhere Stromproduktion

Als Ergänzung liefert PwC noch absolute Zahlen: Wollten wir alle Personenkraftwagen (PwC: Light Vehicles) mit Strom betreiben, wären dazu im Fall einer reinen BEV-Nation 176 zusätzliche Terawattstunden (TWh) pro Jahr, im ausschließlichen FCEV-Szenario 344 TWh und mit Synfuel 1079 TWh notwendig. Ein erheblicher Zuwachs gegenüber dem Ist-Zustand von 648 TWh / a (2016 laut BDEW). Aber eben auch eine Verschiebung weg vom Import fossiler Brennstoffe und ein Beitrag zur Sektorkopplung der Energiemärkte für Mobilität, Wärme und Strom.

Welchen Rahmen wollen wir setzen?

Wir von heise Autos möchten Sie zur Diskussion einladen. Uns interessiert weniger, ob Sie die Zahlen von PwC (siehe Bilderstrecke und Link) präzisieren wollen. Sondern, welche Aspekte und Voraussetzungen Sie darüber hinaus für wichtig halten.

Dazu sechs Gedanken und Thesen in Stichpunkten:

Um einen CO2-freien Autoverkehr zu erreichen, sollte keine bestimmte Technologie vorgeschrieben werden. Stattdessen muss ein Ziel wie zum Beispiel Emissionsfreiheit formuliert werden.

Der Staat sollte für alle Antriebskonzepte gleiche Rahmenbedingungen bei Steuern und Abgaben schaffen. Überkommene Subventionen wie die auf Dieselkraftstoff werden planungssicher und mittelfristig abgebaut.

Die Infrastruktur für eine neuartige Antriebstechnik kann zu Beginn mit Steuergeld unterstützt werden. Angesichts des hohen Energiesteueraufkommens auf Dieselkraftstoff und Benzin sind die relativ geringen Fördersummen vernachlässigbar.

Neben dem Energieverbrauch müssen Materialbedarf und Ressourcenherkunft etwa für den Batteriebau untersucht und bewertet werden. Die Abhängigkeit von Rohölimporten sollte nicht durch den Hunger auf andere Rohstoffe ersetzt werden.

Der Bestand ist geschützt. Ordnungspolitische Eingriffe erfolgen am Neuwagenmarkt. Wenn jährlich drei Millionen Autos ersetzt werden, dauert es rund 15 Jahre bis zum Umbau des deutschen Pkw-Fuhrparks.

Nutzfahrzeuge und Fernverkehr müssen von Beginn an in die Entwicklung einbezogen werden. Die Chance in diesem Bereich liegt in der Planbarkeit des Einsatzes sowie dem schnellen Austausch des Fuhrparks.

Was meinen Sie – wie wollen wir in Zukunft fahren? (fpi)