Traum-Modell der Datenschützer

Die Allianz fordert einen Treuhänder für die Daten vernetzter Autos. Gute Idee – aber sie könnte der Versicherungsbranche noch auf die Füße fallen.

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Wem gehören die Daten, die ein vernetztes Auto produziert? Schon lange zeichnet sich ab, dass dieser Schatz Begehrlichkeiten wecken würde. Schließlich können Hersteller, Versicherungen, Werkstätten und Werbetreibende dadurch so intime Einblicke in das Leben ihrer Kunden gewinnen wie sonst nur durch ein schlecht geschütztes Smartphone.

Nun zeichnen sich klare Fronten beim Kampf um diese Daten ab. Bereits im Oktober hatte der TÜV gefordert, die Daten auf einer neutralen Plattform zu hosten. Nun forderte auch Allianz-Vorstand Joachim Müller eine Art Treuhänder für automobile Daten. „Wichtig ist dabei, dass weder die Autohersteller, die Versicherer noch andere beteiligte Interessengruppen einen exklusiven Zugang auf die Daten erhalten“, sagte er der dpa.

Bisher liegen die Daten in der Regel auf den Servern der Autobauer. Sollte ein (teil)autonomes Auto einen Unfall bauen, haben die Hersteller natürlich ein Interesse daran, dass die Ursache nicht auf ihre Software zurückzuführen ist. Das umgekehrte Problem träte auf, wenn dem Fahrer selber die absolute Hoheit über seine Daten zugestanden würde: Er würde im Zweifel versuchen, die Elektronik verantwortlich zu machen. Insofern wäre ein neutraler Treuhänder tatsächlich eine kluge Idee, der die Daten auf richterlichen Beschluss unverfälscht herausrückt.

Das könne allerdings „zum Bumerang für die Versicherer werden“, wie die Süddeutsche schreibt. Denn offenbar geht es Müller vor allem um Unfalldaten. Ganz normale Nutzungsdaten wie Fahrtstrecke, Geschwindigkeit oder Beschleunigung hingegen erfassen die Versicherung im Rahmen ihrer Telematiktarife schon länger. Ebenso Gesundheitsdaten für Lebensversicherungen und Krankenkassen.

Gibt es erst einmal neutrale Treuhänder, dürften Kunden ganz schnell auf die Idee kommen, ihre Daten nur noch bei diesen abzuliefern – und sie anschließend ganz gezielt denjenigen zur Verfügung zu stellen, von denen sie sich die meisten Vorteile erhoffen.

Konsequent zu Ende gedacht könnte die Autoindustrie damit ein Modell etablieren, von dem Datenschützer schon lange träumen: Nutzer entscheiden selber, wer welche ihrer Daten zu welchen Bedingungen nutzen darf. Beim Internet und dem Smartphone ist diese Vorstellung illusorisch, da die Daten auf unzähligen Servern von unzähligen Dienstleistern verteilt sind. Gäbe es aber für Autos ein einziges zentrales Datensilo, idealerweise betrieben von einer Non-Profit-Organisation, ließen sich erstmals alle Zu- und Abflüsse der Daten kontrollieren.

(grh)