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Synthetische Kraftstoffe: Chance oder Chimäre?

e-Fuels aus Strom haben anders als Agrosprit einen vernachlässigbaren Flächenverbrauch. Außerdem könnten Designerkraftstoffe hergestellt werden, die zu niedrigeren Rohemissionen führen. Im Vergleich zu allen Formen der E-Mobilität aber sind sie wegen des hohen Energiebedarfs nicht konkurrenzfähig

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(Bild: Christoph M. Schwarzer)

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  • Christoph M. Schwarzer
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Der Verband der Automobilindustrie (VDA) ist überzeugt: e-Fuels werden eine elementare Rolle bei der Dekarbonisierung des rollenden Verkehrs spielen. Der Noch-Präsident des VDA, Matthias Wissmann, betont: „Mit e-Fuels können wir den Verbrennungsmotor klimaneutral machen.“ Eine faule Ausrede, werden die Kritiker des Lobbyverbands sofort sagen, eine Ausrede, um vom Versagen bei den CO2-Flottenzielen für 2021 und dem mangelhaften Engagement für die Elektromobilität abzulenken. Stimmt das wirklich – oder bieten e-Fuels nicht doch eine Chance?

Sabatier-Prozess

Die Basis für e-Fuels ist der Sabatier-Prozess: Zuerst wird elektrische Energie genutzt, um Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff zu spalten (Elektrolyse). Der Wasserstoff reagiert anschließend mit Kohlendioxid aus der Luft oder biogenen Abgasen zu Methan, also Erdgas. In weiteren Verfahrensschritten ist es möglich, quasi beliebig langkettige Kohlenwassermoleküle zu synthetisieren. Das Ergebnis sind e-Benzin und e-Diesel, die entweder den fossilen Kraftstoffen gleichen oder sogar eine optimierte Version davon sind.

Aus Strom werden flüssige Kraftstoffe: Power to Liquid (PtL) wird das Verfahren auch abgekürzt. Der Vorteil im Vergleich zu den aktuell dem Benzin (E5, E10) oder dem Diesel (B7) beigemischten Agrospritsorten ist der geringe Flächenverbrauch. Es gibt formal nahezu keine Konkurrenz zwischen Tank und Teller. e-Fuels könnten im Idealfall durch überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt werden, sagen die Befürworter von PtL. Außerdem sind sie ein weiteres Positivbeispiel für die Kopplung der Energiesektoren Strom, Verkehr und Wärme. Bei näherem Hinsehen aber wird die wohlklingende Idee zur zweifelhaften Vision.

Faktisch keine Produktion vorhanden

Zuerst muss nüchtern festgestellt werden, dass die Wirklichkeit der PtL-Produktion nichts mit den PR-Texten des VDA und anderer Akteure zu tun hat. Audi zum Beispiel plant den Bau einer Forschungsanlage in der Schweiz. Die Kapazität soll 400.000 Liter pro Jahr betragen. Noch sind es null Liter. Auf die Anfrage von heise/Autos, wie viel Kilowattstunden Strom benötigt würde, um einen Liter e-Diesel zu erzeugen, antwortet Audi, dass „solche detaillierten Angaben“ noch nicht zur Veröffentlichung vorliegen würden.

Das renommierte Institut Ludwig Bölkow Systemtechnik (LBST) ist wesentlich transparenter und auskunftsfreudiger. Der Gründer, Ludwig Bölkow, hat sich schon vor Jahrzehnten Gedanken gemacht, wie eine Vollversorgung der Energiemärkte durch Wind und Sonne möglich wäre. Daraus entstand die Einsicht, dass langfristige speicherbare Energieträger notwendig sind. Wasserstoff, Methan und auch e-Fuels.