Pflästerchen helfen nicht mehr

Das EU-Parlament will Palmöl als Biosprit-Beimischung verbieten. Das wirkt nur auf den ersten Blick vernünftig.

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Kein Palmöl mehr in Biosprit ab 2021 – das forderte das EU-Parlament in einem Beschluss von Mitte Januar. Klingt zunächst ganz vernünftig. Schließlich stehen Biotreibstoffe in Konkurrenz zu Lebensmitteln, fördern eine intensive Bewirtschaftung von Monokulturen und sind Mitschuld an der Rodung von Regenwald.

Doch auf den zweiten Blick ist die Palmöl-Entscheidung etwas seltsam. Gibt es denn nicht seit 2009 eine EU-Direktive, die unter anderem vorschreibt, dass Biosprit bestimmten Nachhaltigkeitskriterien genügen muss? Wenn diese Kriterien eng genug gefasst sind – wo ist dann das Problem mit Palmöl? Wenn sie nicht eng genug gefasst sind, warum fordern die Parlamentarier dann kann keine Nachbesserung, statt eine besonders unpopuläre Biosprit-Quelle herauszugreifen und pauschal zu verbieten?

Wahrscheinlich ist das eigentliche Motiv mal wieder viel trivialer: Mit dem Verbot hat man Naturschützern signalisiert, dass man den Schutz des Regenwalds ernst nimmt, und zugleich der heimischen Landwirtschaft etwas Gutes getan.

Unzweifelhaft haben Palmölhersteller riesige Flächen Regenwald auf dem Gewissen. Doch ein pauschales Verbot ist keine Lösung, wie auch Umweltverbände wie der WWF meinen: Palmöl habe eine unerreicht hohe Flächeneffizienz hat und Alternativen wie Soja oder Raps seien auch nicht unbedingt besser. Zudem leben viele Kleinbauern in Malaysia und Indonesien vom Palmöl. Sie sprechen von „Ernte-Apartheit“ und drohen der EU mit einem Handelskrieg.

Die Frage nach dem Sinn und Unsinn von Biosprit ist also eine komplexe. Die EU reagierte darauf bisher so, wie Bürokratien das halt tun: Mit immer detaillierteren Vorschriften, Zertifikaten, Richtlinien und Regularien. Doch nun kommt das Pflästerchen-Kleben an seine Grenzen. Der springende Punkt ist die sogenannte „indirekte Landnutzungsänderung“: Selbst wenn eine neue Biosprit-Plantage beispielsweise auf einer ehemaligen Ackerfläche angelegt wird – für sie also nicht unmittelbar Regenwald gerodet wird – muss sich die verdrängte Nahrungsmittelproduktion neue Flächen suchen, zur Not auch im Urwald.

Diese Verschiebungseffekte lassen sich, wie Matthias Finkbeiner von der TU Berlin ausführt, kaum wissenschaftlich quantifizieren. Eine Lösung wäre lediglich, jegliches landwirtschaftliche Produkt vom Biosprit über Industrie-Öle bis hin zur Nahrung zu zertifizieren. Das würde aber einen gigantischen bürokratischen Aufwand bedeuten.

Dabei gäbe es eine viel einfachere Lösung. Weltweit landen zwar nur fünf Prozent der weltweiten Palmöl-Produktion als Beimischung im Biodiesel, in Deutschland sind es laut WWF aber immerhin 41 Prozent der jährlich rund 1,8 Millionen Tonnen. Senkt man nun das Steuerprivileg für Diesel, würde dies auch die absolute Menge an benötigten Palmöl reduzieren (und nebenbei auch die Stickoxide in der Luft). Und sinkt der Palmöl-Bedarf, kann er auch mit bestehenden Plantagen bedient werden, ohne neue Flächen in Anspruch zu nehmen.

Das reduziert nebenbei den ökologischen Rucksack für Palmöl als Lebensmittel. Verbraucher können also wieder mit etwas besserem Gewissen in ihr Nutella-Brötchen beißen – zumindest, solange die Luftfahrt nicht dazwischengrätscht, denn Palmöl eignet sich auch gut als Kerosin-Beimischung.

(grh)