Bob-Musik

Indian Scout Bobber

Die US-Marke Indian bläst zum Angriff auf die Bastion, die sie jahrzehntelang dem Erzrivalen Harley-Davidson überlassen hatte. Im Cruiser-Segment will Indian verlorengegangenes Territorium zurückerobern, der jüngste Streich heißt Scout Bobber

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  • iga
Inhaltsverzeichnis

Ein Bobber war in den 40er-Jahren ein Motorrad, dem viele Teile amputiert wurden, um Gewicht zu sparen. Der Vorderradkotflügel samt dessen unterer Ausstülpung – der „Bob“ – wanderte umgedreht ans Hinterrad und wurde zum Stilelement, vorne drehte sich das Rad ohne Abdeckung.

Es ist gerade sehr trendig, solche alten Stilvorlagen wiederzubeleben. Bei der neuen Indian Bobber beispielsweise. Dabei muss natürlich alles den aktuellen Straßenzulassungsvorschriften entsprechen, aber mit ihren fetten Rädern, den kurzen Kotflügeln und der Tieferlegung wirkt sie dennoch einigermaßen authentisch. Die größte Einschränkung ist der Motor: Die vor drei Jahren vorgestellte Indian Scout erwies sich als großer Wurf, die Fachpresse überschüttete sie mit Lob. Der 1133 cm3 große V2 mit 95 PS wusste zu gefallen. Allerdings benötigt er eine Flüssigkeitskühlung, was Traditionalisten erfahrungsgemäß heftig kritisieren, weil sie den großen, gut sichtbaren Wärmetauscher als Stilbruch empfinden.

Kräftiger Zweizylinder

Während andere Marken versuchen, aus ihrem Bobber-Derivat mehr Drehmoment zu zaubern und dafür die Leistung kappen, verzichtete Indian wohlweislich auf Änderungsmaßnahmen am Motor. Der durchzugsstarke Zweizylinder drückt 97 Nm bei 5600/min auf die Kurbelwelle. Sein tiefes Blubbern erzeugt authentische Bob-Musik. Über Leistungsmangel wird sich keiner bei der Bobber beschweren, nicht einmal bei 255 Kilogramm Leergewicht. Die spektakuläre Triumph Bonneville Bobber, die wir vergangenen Sommer fuhren, bietet 106 Nm und wiegt immerhin zehn Kilogramm weniger. Selbst das traditionelle Kernwettbewerbsmodell der Indian, die stilecht luftgekühlte Harley Davidson Forty-Eight, bietet 96 Nm und ist mit 252 kg noch eine Spur leichter. Nur, wer Askese bei Leistung und Hubraum betreibt, bekommt weniger gewichtige Bobber-Modelle, wie etwa die Moto Guzzi V9 Bobber. Die 850er wiegt 199 kg, leistet 55 PS, hat 62 Nm – und Luftkühlung. Aber bei ihr nörgeln die US-Freaks dann natürlich über den zu kleinen und dann noch um 90 Grad falsch eingebauten V2 ...

Während die Basis-Scout mit barocken Schwingen über den Rädern protzt, wurden die Kotflügel an der Bobber auf ein Minimum reduziert. Hinten hört die Abdeckung gar nach gut zwei Drittel des Reifens schlagartig auf, so dass das Kennzeichen an einem mattschwarzen Bügel montiert wird. Sieht zwar cool aus, dürfte aber bei Regenfahrten zu einem braun gesprenkelten Rücken führen. Die Reifendimensionen blieben identisch, zumal die Scout ohnehin auf sehr fetten, typischen Bobber-Pneus steht: Vorne in der Dimension 130/90-16 und hinten 150/80-16. Erstaunlicherweise griff Indian zu einem taiwanesischen Reifen, dem Kenda K761 mit leichtem Enduroprofil. Die schwarzen Felgen bekamen mit acht Speichen ein Design, das schlicht aber solide wirkt.

Tiefergelegt

Ein Bobber muss tief über der Straße liegen. Indian verwendet 25 Millimeter kürzere Federbeine am Hinterrad. Da sie vorher schon nur 76 Millimeter Federweg boten, ist der Komfort nun spürbar einschränkt. Für eine sportlichere Sitzposition wanderten die Fußrasten zurück, der Lenker hingegen wurde nicht mehr so stark nach hinten gekröpft.