Digitale Schulen: Bitkom fordert Verdopplung der Lehrerzahlen

Der IT-Branchenverband Bitkom wirbt nicht nur dafür, dass der milliardenschwere Digitalpakt zur Infrastrukturaufrüstung von Schulen endlich greift. Er will auch viel mehr Lehrer eingesetzt wissen. 16 weitere Schulen sind nun "Smart Schools".

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Digitale Schulen: Bitkom fordert Verdopplung der Lehrerzahlen

(Bild: bitkom.org)

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Achim Berg, Präsident des IT-Branchenverbands Bitkom, hat die große Koalition dafür gelobt, den seit Jahren versprochenen milliardenschweren Digitalpakt für Schulen endlich umsetzen zu wollen. Dass das versprochene Geld endlich in die Infrastruktur und die Lehrinhalte fließen solle, sei ein "sehr guter Anfang", erklärte er am Montag vor einer Bitkom-Bildungskonferenz in Berlin. "Wir müssen aber auch die Betreuung der Schüler verbessern", betonte der frühere Chef von Microsoft Deutschland. Derzeit gebe es hierzulande etwa 750.000 Lehrer. "Wir müssten diese Zahl eigentlich verdoppeln", meinte Berg.

40 Milliarden Euro würde das kosten, schätzt der Branchenvertreter. Wünschenswert sei es, "irgendwann mal zwei Lehrer pro Klasse" zu haben. Mit einem solchen Ansatz gebe es voraussichtlich weniger Schulabbrüche und "vielleicht auch weniger Jugendkriminalität". Vor allem wäre eine solche Offensive wichtig, um den Fachkräftemängel zu beseitigen. Allein in der Digitalbranche gebe es aktuell 55.000 offene Stellen und der Bedarf steige jedes Jahr.

Unterstützt sieht sich der Bitkom-Chef durch eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Verbands. 71 Prozent der Bundesbürger sprechen sich demnach dafür aus, dass in allen Klassen grundsätzlich zwei Lehrer zur Verfügung stehen sollten, etwa um Unterrichtsausfall zu verhindern. 65 Prozent stimmen der Aussage zu, dass in Deutschland alle Schulen zu Ganztagsschulen ausgebaut werden sollten.

Drei von vier Bürgern meinen, dass für Bildungspolitik ausschließlich der Bund statt der Bundesländer verantwortlich sein sollte. 79 Prozent halten es in einer vernetzten Welt für nicht mehr zeitgemäß, dass jedes Bundesland ein eigenes Bildungssystem hat. 90 Prozent meinen, dass der Bund die Möglichkeit bekommen sollte, Schulen finanziell zu unterstützen.

84 Prozent der Deutschen sagen, dass digitale Kompetenzen im Schulunterricht einen höheren Stellenwert genießen sollten. Genauso viele gehen davon aus, dass Schulen die Fähigkeit vermitteln müssten, sich sicher in sozialen Netzwerken zu bewegen. 69 Prozent sprechen sich dafür aus, dass Informatik sollte ab der 5. Klasse verpflichtend werden sollte. 77 Prozent glauben, dass durch den Einsatz digitaler Technik die Schüler auf das Leben und Arbeiten in der digitalen Welt vorbereitet werden. 64 Prozent sehen damit zugleich "mehr Spaß" beim Lernen verknüpft. Bergs Resümee: "Man merkt, dass die Geduld zu Ende ist. Die Mehrheit der Bürger erwarte, dass das Problem "aktiv angegangen wird". Die digitale Schule "soll zum Standard werden, und zwar jetzt".

Um mit gutem Beispiel voranzugehen, hat der Bitkom seinen Wettbewerb "Smart Schools" ausgeweitet und das damit verknüpfte Netzwerk um 16 weitere Schulen aus dem ganzen Bundesgebiet erweitert. Insgesamt umspannt die Initiative nun 21 Standorte. Diese Bildungseinrichtungen sollen digitale Infrastruktur und Lerninhalte sowie pädagogische Konzepte miteinander verbinden. Um die Auszeichnung hatten sich über 60 Schulen aus zwölf Bundesländern beworben. Gefragt waren die besten Konzepte und Projekte zur Digitalisierung von Schule und Unterricht. Im Vordergrund steht für die Teilnehmer ein verstärkter Austausch. Es handle sich um "keine Ausstattungsinitiative", erklärte eine Bitkom-Sprecherin. "Es geht nicht darum, massenweise Endgeräte an die Schulen zu karren."

Silke Müller, Konrektorin der Waldschule Hatten

(Bild: heise online / Stefan Krempl)

Erstmals als "Smart School" bezeichnen darf sich etwa die Waldschule Hatten mit "780 Jungs und Deerns und 84 Lehrer", wie die Konrektorin Silke Müller auf Plattdeutsch ausführte. Es handle sich um die ärmste Gemeinde im Landkreis Oldenburg, was für die Digitalisierung eine "schwierige Voraussetzung" darstelle. Trotzdem habe man sich schon 2009 auf den Weg gemacht, "mobil zu werden". So habe ein Lehrer damit begonnen, eine Notebook-Klasse einzurichten und es seien "30 elternfinanzierte Laptops" eingezogen. Die damit verknüpfte "große Begeisterung" habe aber ziemlich schnell gewackelt, da nur eine von vier Klassen "jetzt diese Geräte hatte".

"Wir haben gelernt, dass das Konzept auf ganz vielen Schultern getragen werden muss", resümierte Müller. Sechs Kollegen koordinierten nun das Projekt und böten interessierten Mitstreitern und Eltern eine Art "Fortbildungskarussell" an. Bedauerlich sei nur, dass sie dafür "keine Entlastungsstunde vom Land" bekämen. (anw)