Der Überflieger

30 Jahre Honda VFR 750 R RC30

Honda präsentierte im Oktober 1987 auf der Tokyo Motor Show die VFR 750 R und die Sportmotorradwelt war nicht mehr dieselbe. Was da unter den Spotlights funkelte war ein Motorrad wie von einem anderen Stern. Jetzt erreicht sie den offiziellen Oldtimer-Status

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Honda VFR 750 R RC30 14 Bilder

(Bild: Honda)

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  • iga
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Honda präsentierte im Oktober 1987 auf der Tokyo Motor Show die VFR 750 R und die Sportmotorradwelt war nicht mehr dieselbe. Was da unter den Spotlights funkelte war ein Motorrad wie von einem anderen Stern.

Bis heute ist sie besser bekannt unter ihrem Entwicklungscode RC30 und rollte nicht etwa von irgendeinem Fabrikfließband, sondern jedes einzelne Exemplar wurde von Hondas Rennabteilung HRC sorgfältig aufgebaut. Ihr erklärtes Entwicklungsziel war es, Siege auf der Rennstrecke zu holen und der Welt zu demonstrieren, wozu Honda technisch in der Lage war.

Selbst hartgesottene Racer bekamen bei ihrem Anblick feuchte Augen. Sie wurde von einem kurzhubigen, 748 cm3 großen V4-Motor befeuert und leistete 112 PS bei 11.000/min in Serie. In Deutschland durften Motorräder damals höchstens 100 PS auf den Prüfstand drücken, doch wohl kaum eine RC30 fuhr hierzulande kastriert herum. Im Gegenteil: Nicht wenige stolze Besitzer griffen zum HRC-Kit für die Rennstrecke und entfesselten 125 oder in der höchsten Ausbaustufe gar 133 PS.

Alles für den Sieg

Doch es war nicht nur die Motorleistung des V4 mit einem Bohrung-Hub-Verhältnis von 70 mal 48,6 mm und 360 Grad Hubzapfenversatz, die das Bike schon in seinem ersten Produktionsjahr 1988 so überlegen machte, sondern auch die edlen Komponenten. Die geschmiedeten Aluminiumkolben tragen lediglich einen Kompressionsring und einen Ölabstreifring, um möglichst wenig Reibung zu erzeugen. Eine Spritzöl-Kühlung hält die Kolbentemperaturen in Schach. Die Pleuel bestehen aus sündhaft teurem Titan und wiegen nur je 235 Gramm.

Der Motor ist als tragendes Teil konstruiert, ein Brückenrahmen aus Aluminium bildet das Rückgrat. 208 Kilogramm bringt die RC30 vollgetankt auf Waage. Das Hinterrad wird von einer mächtigen Aluminium-Einarmschwinge geführt, nur eine zentrale Mutter an der Achse muss für den raschen Radausbau gelöst werden. Ähnlich am Vorderrad: Die Vorderachse steckt in klappbaren Klemmfäusten. Die Federelemente von Showa sind in Vorspannung, Druck- und Zugstufe einstellbar. Der 18-Liter-Tank besteht aus Aluminium, eine Anti-Hopping-Kupplung ist serienmäßig und die Vollverkleidungen sind von Hand laminiert. Die Hinterradbremse verfügt über eine Bremsmomentabstützung, deren Achse durch den Schwingenarm führt. So ein Gesamtkunstwerk hatte es im Motorradbau eines Großserienherstellers noch nicht gegeben.

Auftrag vom Firmenboss persönlich

Kein Geringerer als der Firmengründer Soichiro Honda persönlich hatte die RC30 in Auftrag gegeben, Kosten sollten keine Rolle spielen. Er wollte der Welt zeigen, dass das beste Sportmotorrad der Welt eine Honda ist. Es war das perfekte Zusammenspiel von Motor, Getriebe, Fahrwerk und Ergonomie, die die VFR 750 R so schnell machte. Honda hatte schon im Grand-Prix-Sport mit der NSR 500 reichlich Erfahrung mit V4-Motoren gesammelt, ebenso wie im Serienbau etwa mit der VFR 750 F und VF 1000 R. Die V4-Konstruktion bot zwar leistungsmäßig keine Vorteile gegenüber den Reihenvierzylindern, baute aber deutlich kompakter. Worüber alle Fahrer einer VFR 750 R ins Schwärmen gerieten, war die unfassbar gute Fahrbarkeit. Die RC30 war kein hinterhältiges Biest, sondern ein Präzisionswerkzeug.