Druckmittel

Meinung: Die Umstiegsprämie ist eine Luftnummer

Bundesverkehrsminister Scheuer will sich mit einer Umstiegsprämie für alte Diesel Zeit verschaffen. Keine gute Idee, wie man aus vorangegangenen Zahlungsanreizen hätte lernen können. Doch diese Chance ist vertan, der nächste Flop vorprogrammiert

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Mercedes E-Klasse 5 Bilder

(Bild: Daimler)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Martin Franz
Inhaltsverzeichnis

Der Druck auf den aktuellen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) muss enorm gewesen sein. Stimmen mehrten sich, die auf Kosten der Autoindustrie Dieselmotoren, die maximal die Abgasnorm Euro 5 erfüllen, auf die Einhaltung von aktuellen Grenzwerten umrüsten wollen. Der zuständige Minister ist dabei in der Zwickmühle und sich dessen wohl bewusst. Eine Umstiegsprämie soll es nun richten – eine Rolle, die sie kaum erfüllen wird. Doch darum geht es denen, die sie propagieren, nicht. Es geht ausschließlich darum, Zeit zu gewinnen.

Angriffe von verschiedenen Seiten

Dass aus der Opposition scharf geschossen wird, wo immer sich ein Ziel bietet, ist nicht weiter verwunderlich. Es gehört zum politischen Tagesgeschäft. Die Angriffe von dort waren erwartbar: Die Opposition warf dem Minister Untätigkeit und eine zu große Nähe zur Autoindustrie vor. Das ist einfach, erfordert nicht viel Nachdenken und sorgt für Widerhall in den Medien. Die AfD kann kein Problem sehen und wollte zwischenzeitlich gar eine Bestandsgarantie für den Verbrennungsmotor. Beunruhigender waren die Angriffe aus der Regierung selbst: Das SPD-geführte Umweltministerium sprach sich zuletzt immer deutlicher für Hardwarenachrüstungen auf Kosten der Hersteller aus. Scheuer lehnt das mit einer Vehemenz ab, die ein Zurückrudern ohne Gesichtsverlust schwierig erscheinen lässt.

Das klingt zumindest auf den ersten Blick vielleicht nachvollziehbar. Spätestens auf den zweiten dann nicht mehr: In Deutschland gilt jemand so lange unschuldig, bis ihm eine Schuld nachgewiesen wurde. Fest steht bisher, dass Volkswagen (inklusive seiner Konzernmarken) betrogen hat. Mercedes wehrt sich hinter den Kulissen heftig gegen den im Raum stehenden Verdacht, die legale Prüfstandserkennung zur Manipulation von Abgaswerten genutzt zu haben.

Und der Rest? Ist im juristischen Sinne unschuldig. Noch hat keiner derjenigen, die seit Monaten für eine Hardware-Nachrüstung auf Kosten der Hersteller trommeln, dargelegt, auf welcher rechtlichen Basis diese stehen soll. Die betreffenden Politiker wissen dies sehr genau, denn entweder haben sie selbst einen juristischen Hintergrund oder jemandem im Team, der dies beurteilen kann. Das Dauerfeuer ist also nichts weiter als der schäbige Versuch, einem Teil des Volkes nach dem Mund zu reden. Schlimm genug, dass sie dabei teilweise Unterstützung aus den Medien bekommen.

Gesetzeskonform

Bislang gilt, dass diese Autos unter den damaligen Bedingungen geprüft und für gesetzeskonform erklärt wurden. Man kann und muss kritisieren, dass dies nicht nur unter den löchrigen Anforderungen des NEFZ, sondern auch ausschließlich auf dem Prüfstand geschehen ist. Dennoch dürfte es sehr schwer werden, Konzerne zu Ausgaben für alte Autos zu zwingen, sofern kein Betrug im juristischen Sinn nachgewiesen werden kann. „Wie das genau gelingt, wird Teil eines Konzepts sein“, sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums. Ein Konzept, dass aktuell erarbeitet wird. Der Bundesverkehrsminister hat dabei aber ohnehin nur Zugriff auf die deutschen Hersteller. Bei allen Autos, die ihre Typzulassungen nicht vom KBA bekommen haben, sind ihm ohnehin die Hände gebunden.

Ein Ausweg wäre nun, großflächig Fahrverbotszonen zu schaffen. Doch Politiker, die sich für eine solche Einstellung in den Sturm stellen, haben aktuell keine Konjunktur. Mit einer massiven Gegenwehr von Pendler darf gerechnet werden. Zumal man dem Bundesverkehrsminister unterstellen darf, dass er von einer solchen Zone tatsächlich nicht überzeugt ist. Sich also dem Unmut der Wähler entgegen seiner eigenen Geisteshaltung auszusetzen, wäre wohl etwas zu viel verlangt.

Gut gemeint, aber kopflos

Richten soll es nun also eine "Umstiegsprämie", mit der Nutzer älterer Autos zum Kauf eines Neuwagens bewogen werden sollen. Die Idee ist sicher gut gemeint und soll dem Minister, dessen Partei vor einer schwierigen Landtagswahl steht, bescheinigen, wie fleißig er an einer Lösung arbeitet. Nur leider ist die Idee nur gut gemeint, schlussendlich aber vor allem kopflos: Besitzer älterer Dieselautos fahren diese vermutlich nur höchst selten, weil sie das so toll finden. Vielmehr dürfte es oftmals finanzielle Gründe haben. Das lässt sich mit einer Prämie mildern, aber nicht beseitigen.Menschen die sich keinen Neuwagen leisten können, werden dies auch mit einer Prämie nicht können. Einer der Gründe, warum die E-Auto-Prämie schon ein Flop war.

Dazu kommt die spannende Frage, wer die Prämie finanziert. Wenn man der Meinung ist, die Autokonzerne hätten großflächig betrogen, kommt der Steuerzahler kaum in Betracht. Die Autohersteller werden, sofern man sie nicht via Gericht zwingt, nur eine Proforma-Prämie zahlen, die dann mit dem meist ohnehin eingeräumten Rabatt beim Neuwagen-Kauf verrechnet wird. So sympathisch 2000 Euro Prämie spontan klingen: Die handelt ein jeder locker bei einem durchschnittlich teuren Neuwagen heraus. Warum sollten die Hersteller ohne Not mehr auf den Tisch legen?