Kopf-in-den-Sand-Politik

Die Verlegung von Messstationen für Luftschadstoffe löst keine Probleme.

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Verkehrsminister Andreas Scheuer möchte prüfen lassen, ob die Messtationen, die die Stickoxid-Belastung in deutschen Städten überwachen, auch richtig angebracht sind. "Richtig" im Sinne von Scheuer wäre es, die Stationen so weit weg wie möglich von verkehrsreichen Straßen aufzustellen – damit sie möglichst wenig messen.

Das Haupt-Argument der Bleifuß-Fraktion: Die Regelungen zur Standortbestimmung für die Messtationen würden in vielen Fällen "nicht ausgeschöpft". Tatsächlich steht in der Anlage 3 zur Bundesimmisionschutzverordnung, dass der Lufteinlass "zwischen 1,5 und vier Meter Höhe" angebracht und sich "maximal zehn Meter" vom Fahrbahnrand entfernt befinden soll. "Maximal" – nicht "auf jeden Fall".

Aber die Hoffnung von Scheuer und seinen Mitstreitern ist wohl, dass sich die lästige Debatten um Diesel-Skandal, Fahrverbote und die Nicht-Einhaltung von Grenzwerten auf diese Weise sozusagen von selbst in Luft auflösen. Glaubt zumindest der Scheuer Andy – und mit ihm eine breite Front von Politikern auf allen Ebenen von der FDP über die CDU bis zur AfD.

Mich erinnert diese Argumentation eher an die berühmten drei Affen aus Japan, die nichts böses sehen, nichts böses hören und nichts böses sagen. Hilfsweise kann man das auch mit kleinen Kindern vergleichen, die sich beim Versteckspielen die Augen zu halten, weil sie glauben, dass sie niemand mehr sehen kann, wenn sie selbst nichts sehen.

Die Wissenschaft muss hier allerdings ein wenig Wasser in den Wein gießen. EIne umfangreiche Untersuchung über die räumliche Verteilung von Stickoxiden aus dem Stadtverkehr kommt jedenfalls zu dem Schluss, dass zehn Meter nicht reichen werden: Zwar ist die Belastung in Nebenstraßen deutlich geringer – aber erst in deutlich größeren Entfernungen. Ganz nebenbei haben die Messungen auch ergeben, dass es auch Hotspots mit noch höherer Belastung gibt – und zwar in so genannten Beschleunigungszonen. Man kann beim Verlegen einer Messstation also auch gewaltig ins Klo greifen.

Abgesehen davon: Ein Gesetz und die dazugehörige Verordnung bilden einen Gesamtzusammenhang - sie haben einen Sinn und Zweck (auch wenn sich der dem juristischen Laien nicht immer erschließt). Das Bundesimmisionsschutzgesetz und die Bundesimmisionschutzverordnung dienen zum Beispiel zum Schutz der Bevölkerung vor schädlichen Stoffen in der Atemluft. Es dürfte einiger juristischer und politischer WInkelzüge mehr bedürfen, daraus ein Schutzgesetz für verfolgte Dieselfahrer zu machen. Aber wer weiß – in manchen Fragen sind manche Politiker ja tatsächlich erfindungsreich.

(wst)